Ein Atompfennig ist Trittin billig

■ Neuer Streit in der Koalition: Der Umweltminister will die Kilowattstunde Atomstrom um einen Pfennig verteuern. Öl und Gas werden bereits in gleicher Höhe besteuert. Wirtschaftsminister Müller lehnt den Vorstoß ab

Hannover (taz) – Die Grünen-Bundestagsfraktion und Umweltminister Jürgen Trittin wollen Atomstrom künftig genauso besteuern wie aus Gas oder Heizöl erzeugte Elektrizität. In der letzten Verhandlungsrunde zum rot-grünen Ökosteuerkonzept am 17. Dezember hat das Bundesumweltministerium deswegen vorgeschlagen, den Kernbrennstoff zu verteuern. Der jetzt bekanntgewordene Vorstoß sorgt für ein Weiterköcheln des Koalitionsstreits um Ökosteuer und Atomausstieg, der im Dezember durch Trittins Auflösung der Kommissionen für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz angeheizt worden war.

Die Steuer auf Brennelemente in AKWs soll einen Pfennig pro Kilowattstunde Atomstrom ausmachen, was pro Jahr zu zusätzlichen Steuereinnahmen von etwa 1,5 Milliarden Mark führen würde. Eine Besteuerung in dieser Höhe entspricht der Mineralölsteuer auf Gas und Heizöl, das in konventionellen Kraftwerken verfeuert wird.

Das Bundeswirtschaftsministerium lehnte gestern den Vorstoß entschieden ab. „Die Bundesregierung hat sich bereits im November auf die Eckpunkte des Ökosteuerkonzepts geeinigt“, sagte die Sprecherin des Wirtschaftsministers, Christine Kern. Der Vorstoß von Trittin sei „nachgeschoben und wenig hilfreich“.

Demgegenüber verwies Kristin Heyne, parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, auf den Koalitionsvertrag. Darin hätten sich die Partner auf schnellstmöglichen Ausstieg aus der Atomenergie geeinigt, und damit vertrügen sich keine Milliardensubventionen für die Atomenergie durch eine unterschiedliche Besteuerung der in der Stromerzeugung eingesetzten Energieträger.

In der Koalitionsvereinbarung heißt es in der Tat mit Blick auf die geplante Ökobesteuerung des Stromverbrauchs von zwei Pfennig pro Kilowattstunde: „In der Stromerzeugung eingesetzte Energieträger werden ausschließlich über die Besteuerung des Stroms erfaßt.“ Die Mineralölsteuer auf Gas und Öl in Kraftwerken wurde jedoch beibehalten. Die Grünen- Bundestagsfraktion habe zunächst vorgeschlagen, zumindest Gas, das in relativ umweltfreundlichen Kraftwerken mit einem Wirkungsgrad von mehr als 55 Prozent verfeuert werde, von der Mineralölsteuer zu befreien, so gestern der umweltpolitische Sprecher der Bonner Grünen-Fraktion, Reinhard Loske. Ein überarbeiteter und zwischen den Ressorts Finanzen, Wirtschaft und Umwelt abgestimmter Entwurf der Ökosteuerreform solle bis Ende der Woche vorliegen, sagte Loske. Jürgen Voges Kommentar Seite 10