Scharfe Kritik an Schäuble wegen Kampagne gegen Doppelpaß

■ Alle Parteien gegen die Union. Ausländerbeauftragte Marieluise Beck: Bevölkerung soll aufgeputscht werden

Bonn/Berlin (taz) – CDU-Parteichef Wolfgang Schäuble hat gestern gefordert, eine „Politik der Zuzugsbegrenzung zu verfolgen“. Dazu gehöre vor allem, die von der rot-grünen Regierung geplante Reform des Staatsangehörigkeitsrechts zu Fall zu bringen. Schäuble kündigte den „Startschuß“ für eine bundesweite Unterschriftenaktion am 24. Januar an, mit der die grundsätzliche Einführung der doppelten Staatsbürgerschaft verhindert werden soll. Der ehemalige Koalitionspartner FDP lehnte die Aktion ab. Die Ausländerbeauftragte der Bundesregierung, Marieluise Beck, griff die Union in einem taz- Interview scharf an. „Jeder, der einigermaßen vernünftig im Kopf“ sei, sagte Schäuble auf einer Pressekonferenz, könne gar nichts anderes wollen, als die doppelte Staatsangehörigkeit zu bekämpfen. Die Reform der Staatsangehörigkeit führe zu mehr Ausländern in Deutschland, weil sie den verstärkten Zuzug von Familienangehörigen zur Folge habe. Durch die Unterschriftenaktion sollten nicht mehr „rückgängig zu machende Fehler“ der Bundesregierung vermieden werden. Wenn die doppelte Staatsbürgerschaft einmal eingeführt sei, sei sie schwer zurückzuholen.

FDP-Generalsekretär Guido Westerwelle warf der Union vor, „Ausländerpolitik mit dem Bauch“ zu machen. Er glaube, daß von der Union viel zuviel Stimmungsmache beabsichtigt sei. Er werde die Unterschriftenliste nicht unterschreiben.

Die Ausländerbeauftragte Marieluise Beck verurteilte die Pläne von CDU/CSU. „Die Union ist sich offenbar nicht zu schade, die Bevölkerung zu verunsichern und aufzuputschen“, sagte Beck der taz. Die Opposition sei „in sich gespalten“ und „orientierungslos“, weswegen sie versuche, „das Thema der erleichterten Einbürgerung zu emotionalisieren und dabei den eigenen Zusammenhalt zu stärken“. Dem bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber (CSU) war Beck vor, er wolle „sich an die Stammtische heranrobben“. Gleichzeitig kündigte die Grünen-Politikerin eine Informationskampagne der Bundesregierung zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts an. Dafür habe sie bei den Haushaltsberatungen zwei Millionen Mark beantragt. Von Neubürgern einen Eid auf die Verfassung zu verlangen, wie von der CSU gefordert, lehnte Beck als ungeeignet ab. Markus Franz, Patrik Schwarz

Bericht und Interview Seite 6