"Ich liebe den Bakken sehr"

■ Nicht nur Janne Ahonen, sondern auch der führende Japaner Kasai und Verfolger Schmitt schätzen die Schanze in Bischofshofen, Ort des letzten Springens der Vierschanzen-Tournee

Bischofshofen (dpa) – Bischofshofen ist bei der 47. Auflage der Vierschanzen-Tournee die wichtigste Station. Nicht nur, weil hier heute die Entscheidung über den Gesamtsieger fällt, sondern weil das Springen am Dreikönigstag gleichzeitig die Generalprobe und der letzte Test für die Weltmeisterschafts-Entscheidungen in sechs Wochen ist. Dann werden auf der Anlage im „Sepp-Bradl-Skistadion“ die Einzel- und Mannschafts-Titel auf der Großschanze vergeben. „Wenn man sich da ein gutes Gefühl von der Tournee zur WM rüberretten kann, stärkt das schon das Selbstvertrauen“, bemerkte Vorjahressieger Sven Hannawald.

Daß der Mann aus Hinterzarten in diesem Jahr den zweiten Platz in der Gesamtwertung nicht wiederholen kann, steht bereits vor dem Schlußspringen fest. Der 24jährige liegt als Zwölfter schon uneinholbare 94 Punkte zurück. „Ich hoffe aber, daß mir zwei wirklich gute Sprünge gelingen und ich dadurch die nötige Lockerheit für die WM finde“, erklärte der Schwarzwälder, der bei der Tournee ein Wechselbad der Gefühle erlebte. Dem unbefriedigenden 22. Platz nach dem Sturz in Oberstdorf folgte in Garmisch-Partenkirchen der vierte Rang, danach folgte wieder der Absturz auf den 19. Rang in Innsbruck.

Solche Formkurven sind beim „Grand Slam“ der Schanzenpiloten häufig zu beobachten und wohl auch ein Grund dafür, daß noch nie ein Springer alle vier Konkurrenzen gewinnen konnte. Selbst die Sonderprämie von umgerechnet knapp 150.000 Mark, die Anfang der 90er Jahre dafür ausgesetzt worden war, haben die Organisatoren gestrichen. „Wir hatten es gut gemeint. Doch dann hörten wir den Vorwurf, es sei leicht, eine Prämie für etwas auszuloben, das doch niemand erreicht. Deshalb haben wir das Geld in den Gesamtprämien-Topf gesteckt“, erläuterte Tournee-Pressesprecher Klaus Taglauer.

Gründe dafür, daß der „Goldene Vierer“ auch in diesem Jahr nicht gelingt, gibt es viele. Die vier Schanzen sind sehr unterschiedlich. Bischofshofen hat einen mit 121 m extrem langen Anlauf. Die Bergisel-Schanze Innsbruck dagegen einen sehr kurzen Schanzentisch. Die Umstellung bereitet fast allen Springern Probleme. Hinzu kommt die Nervenbelastung. „Zu einer Tournee fährt man mit einem ganz anderen Gefühl als zu jedem anderen Weltcup“, meinte Dieter Thoma (Hinterzarten), der das bereits 14mal erlebte.

Vor dem letzten Springen trennen winzige 0,4 Punkte den japanischen Gesamtbesten Noriaki Kasai und den zweitplazierten Weltcup-Ersten Janne Ahonen (Finnland). Für Spannung ist also gesorgt, zumal beide die Schanze besonders mögen. „In Bischofshofen war ich bereits zweimal Zweiter. Die Schanze liegt mir“, sagte Kasai, und Ahonen erklärte: „Vor einem Jahr war ich dort Dritter. Ich liebe den Bakken sehr.“

Abgeschrieben hat das Duo aber keinesfalls Martin Schmitt aus Furtwangen, der die ersten beiden Springen gewonnen hatte und mit 12,3 Punkten Rückstand auf Platz drei rangiert. „Auf der größten Tournee-Schanze gibt es meist größere Punktunterschiede als bei den ersten drei Springen. Da ist noch alles möglich. Ich greife noch einmal an“, machte sich der 20jährige neue Star aus dem Schwarzwald selbst Mut. Kasai bekannte: „Ich habe Martin noch auf der Rechnung.“ Auch Bundestrainer Reinhard Heß traut seinem Musterschüler den Tournee-Gesamtsieg noch zu. „Die Schanze in Bischofshofen streut. Da sind zwölf Punkte keine Welt“, bemerkte der Thüringer. „Ich glaube nicht, daß ihn der Absturz in Innsbruck aus der Bahn wirft, bin vielmehr überzeugt, daß er zu sich zurückfindet“, so der Bundestrainer zuversichtlich. „Wenn nicht, dann ist er doch noch nicht der ganz Große, für den ich ihn halte.“