■ Querspalte: Der Außenminister informiert
Auf der Suche nach dem eigenen Selbst erleben manche Menschen knalldicke Überraschungen. Sie suchen und suchen: „Irgendwo muß das Dingens doch sein... Huhu, Selbst, wo bist du?“, und finden schließlich – rein gar nichts. Nicht selten ist ein kompletter Nervenzusammenbruch die Folge.
Dem amtierenden deutschen Außenminister ist es bei seiner Selbstfindung ganz anders ergangen. In einem Buch, das Kiepenheuer & Witsch für Ende März ankündigt, legt Fischer, nachdem er innerhalb eines Jahres am ganzen Körper 40 kg ablegte, Zeugnis ab. Das Buch heißt „Fit und schlank“, aber sein Untertitel ist noch besser: „Mein langer Lauf zu mir selbst“. Fischers Offenheit auf „ca. 200 Seiten. Gebunden“ kommt nicht von ungefähr und nicht ganz freiwillig, wie er im Verlagsprospekt zugibt. „Ich bin in unzähligen Briefen gefragt worden, wie genau ich es geschafft habe, so dramatisch abzunehmen.“ Der Wunsch war Befehl sozusagen.
Früher schrieb Fischer statt Fitneß-Ratgebern Bücher, die ich auch nicht gelesen habe: Von der Linken nach dem Sozialismus bis zum Umbau der Industriegesellschaft und zum Risiko Deutschland: Thematisch hat er von jeher einiges auf dem Kasten gehabt. Aber da fehlte was, da blieb eine Lücke. Wie sich nun herausstellt, war sie fast einen Zentner schwer.
Fischers Schlankheitskur scheint in der Bevölkerung multiple Gefühle zu mobilisieren. Genaueres weiß der Prospekt: „Mit Spannung (und hier und da mit Besorgnis) verfolgten viele Beobachter diesen tiefgreifenden Wandel einer öffentlichen Person.“ Dagegen ist die allerorts gegenwärtige sog. Globalisierung ein Klacks. Oder ist es eher eine radikale Veränderung? Auch die findet in diesem Falle direkt am und im Mann statt: „Ich wollte einfach in einer tiefen Lebenskrise drastisch abnehmen und – was fast das gleiche ist – mein Leben radikal verändern.“
Ob er es auf seinem langen Lauf zu sich selbst noch zum nationalen Betriebssportwart bringt, darüber wird die Dopingkontrolle entscheiden. Dietrich zur Nedden
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen