Bergmann darf Krenz-Ehre nicht verletzen

■ Gericht untersagt die Behauptung, Krenz habe der DDR-Opposition Gewalt angedroht

Hannover (taz) – In einem Rechtsstreit um die Rolle des letzten Staatsratsvorsitzenden der DDR, Egon Krenz, bei den Massendemonstrationen in der DDR- Endzeit hat das Landgericht Hannover gestern für Krenz und gegen die ehemalige DDR-Oppositionelle und heutige Bundesfamilienministerin Christine Bergmann entschieden. Bergmann darf nicht weiter behaupten, der letzte DDR- Staatsratsvorsitzende Egon Krenz habe der DDR-Opposition „im Herbst 1989 mit dem Platz des Himmlischen Friedens gedroht“.

Auf Antrag von Krenz hat das Landgericht gestern eine einstweilige Verfügung erlassen, die der Ministerin eine Wiederholung des Vorwurfs untersagt, den sie Anfang November in einem Zeit-Interview erhoben hatte. Die Behauptung Bergmanns sei „unstreitig unwahr“ und auch durch das Recht auf freie Meinungsäußerung nicht gedeckt, begründete der Vorsitzende der 6. Zivilkammer des Landgericht, Dietmar Doepke, gestern die Entscheidung.

Bei Bergmanns Satz handle es sich um eine Tatsachenbehauptung, deren Wahrheitsgehalt man überprüfen könne, sagte der Richter. Zwar habe sich Egon Krenz 1989 zustimmend zum Vorgehen der chinesischen Behörden, zum Massaker auf dem Platz des Himmlischen Friedens, geäußert. Er habe aber der DDR-Opposition nicht mit Gewalt gedroht. Der durchschnittliche Zeitungsleser könne aus der Äußerung von Christine Bergmann aber eine konkrete Drohung mit Gewalt entnehmen. Die Äußerung sei ehrverletzend, weil es um die Drohung gehe, „Menschen- und Grundrechte zu unterdrücken“, sagte Doepke.

Der Richter verwies darauf, daß in einem Strafurteil gegen Krenz festgestellt wurde, daß dieser im Herbst 1989 den Einsatz von Gewalt gegen die Protestdemonstrationen in der Wendezeit verhindert hat. Bei einer Zuwiderhandlung gegen die einstweilige Anordnung kann gegen Bergmann ein Zwangsgeld von bis zu 500.000 Mark verhängt werden.

Der hannoversche Anwalt von Christine Bergmann riet seiner Mandantin gestern, gegen die Entscheidung des Landgerichts in die Berufung zu gehen. Jürgen Voges