Viele sind für kurzen Prozeß

Im Senat beginnt heute das Impeachmentverfahren gegen US-Präsident Bill Clinton. Mittlerweile mehren sich Stimmen, die das Politikspektakel schnell beenden wollen  ■ Von Peter Tautfest

Washington (taz) – Heute konstituieren sich Repräsentantenhaus und Senat zur neuen Legislaturperiode des US-Kongresses. Erster Tagesordnungspunkt des Senats ist das Impeachmentverfahren gegen Bill Clinton. Der Senat muß über die Anklagepunkte Meineid und Obstruktion der Justiz zu Gericht sitzen, deren das Repräsentantenhaus den Präsidenten im Zusammenhang mit seinem Verhältnis zu Monica Lewinsky und seinem Rechtsstreit mit Paula Jones beschuldigt.

Strittig ist vor allem die Frage: Kurzer Prozeß oder ausgedehntes Verfahren? Möglichst kurzen Prozeß wollen die Demokraten machen, für ein ausgedehntes Verfahren mit Zeugenanhörung und Kreuzverhör sprechen sich die Republikaner aus, wobei es ein breites Mittelfeld von Senatoren beider Parteien gibt, die das Politschauspiel bald absetzen wollen.

Dem Vorschlag zweier als unabhängig geltender Senatoren werden zur Zeit wenig Chancen eingeräumt. Der Republikaner Slade Gorton aus dem Bundesstaat Washington und Joseph Lieberman, Demokrat aus Connecticut, wollen ein abgekürztes Verfahren mit Anklage und Widerrede des Weißen Hauses gefolgt von einer Probeabstimmung. Diese soll zeigen, ob die Vorwürfe, selbst wenn sie nicht bewiesen zu werden brauchten, sondern als wahr unterstellt würden, zur Verurteilung durch zwei Drittel der Senatoren führen würden.

Im Senat haben die Republikaner eine Mehrheit von nur 10 Stimmen, so daß eine derart qualifizierte Mehrheit als unwahrscheinlich gilt. In den vergangenen Tagen haben etliche Senatoren zu verstehen gegeben, daß sie das Skandalstück gerne absetzen würden, um der Nation eine öffentliche Vernehmung von Leuten wie Monica Lewinsky und Linda Tripp im Senat zu ersparen, und um die Zerstrittenheit der politischen Klasse, wie sie bei der Impeachmentdebatte im Abgeordnetenhaus zu Tage trat, nun zu überwinden.

In Wirklichkeit geht es aber um einen Machtkampf. Die konservativen Senatoren, von denen die meisten 2000 zur Wiederwahl anstehen, pokern: Wer verliert angesichts einer ausgedehnten Lewinsky-Oper im Kongreß eher die Nerven, Bill Clinton oder die republikanischen Senatoren? Kann am Ende der Präsident, wenn schon nicht gefeuert, so doch zum Tod durch Peinlichkeit verurteilt werden? Der beste Kenner des Senats, der demokratische Senator aus Virginia, Robert Byrd, warnte vor schnellen Schlüssen: „Vorsicht, das Verfahren kann auch noch ganz anders ausgehen.“