Der Knies um die Kanzlerknete

■ 22-Millionen-Geschenk des Bundeskanzlers gegen Jugendarbeitslosigkeit ist da / Aber wo sind die Jugendlichen, denen damit geholfen werden soll? Arbeitslose Schulabgänger unerreichbar?

Der Traum von Bundeskanzler Gerhard Schröder wird in Bremen wohl nicht in Erfüllung gehen: Strahlende Jugendliche, die beim Arbeitsamt für das Schrödersche Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit Schlange stehen – in der Hansestadt sucht man sie vergeblich. „Es ist nicht so, daß die jungen Arbeitslosen nur darauf gewartet haben“, gibt ein Berufsberater vom Arbeitsamt offen zu. Im Gegenteil: Man muß die Jugendlichen erst mühsam suchen, bestätigen der Verband Bremer Beschäftigungsträger und die Berufsberatung im Arbeitsamt.

Das bundesweite Sofortprogramm für 100.000 arbeitslose Jugendliche war kurz nach der Wahl mit heißer Nadel gestrickt worden – als erstes einzulösendes Wahlversprechen des Kanzlers. Bremen bekam im Dezember eine Zusage über 22 Millionen Mark für rund 500 Jugendliche. Jetzt drängt die Zeit: Das Geld muß noch in diesem Jahr ausgegeben sein, Erfolgsmeldungen an den Kanzler ebenso. Aber man ist längst noch nicht so weit. Programmstart ist schon der 1. Februar, doch die Jugendlichen stehen „jetzt nicht alle vor der Tür des Arbeitsamtes“, beschreibt Berufsberater Christian Hempel die Lage.

Helfen wollte Kanzler Schröder vor allem den derzeit lehrstellen-losen Jugendlichen und jugendlichen SozialhilfeempfängerInnen. Die Unversorgten finden sich zwar noch in der Kartei des Bremer Arbeitsamtes. Aber sie hätten zum Teil schon in der Vergangenheit nicht auf Schreiben des Arbeitsamtes reagiert, gibt Günter Stieneker, stellvertretender Leiter der Berufsberatung, zu. „Wir werden jetzt alle nochmal anschreiben, sie zu einer Beratung einladen und ihnen ein Angebot machen“, erklärt er. Wer jugendliche SozialhilfeempfängerInnen anspricht, ist offenbar bislang noch gar nicht geklärt.

Berufsberater sehen deshalb schwarz für die ersehnte Bremer Erfolgsbilanz: Selbst wenn man alle Jugendlichen anschreiben könnte, reiche ein einmaliges Gespräch nicht aus – schätzt Berufsberater Christian Hempel. Er stützt sich dabei auf seine Erfahrung mit einem neuen Berufsberatungsprojekt in Findorff (siehe unten). Dabei stellte sich heraus, daß auch mit hohem Beratungsaufwand nur rund 40 Prozent der Jugendlichen motiviert werden konnten, an Trainings, einjährigen Berufsvorbereitungen, Praktika oder überbetrieblichen Ausbildungen teilzunehmen. Die übrigen 60 Prozent dagegen „sind die, die längst aufgegeben haben, oder aber die, die schlichtweg keine Lust oder sich schon anderweitig eingerichtet haben.“

Diese Negativbilanz bestätigt indirekt auch der stellvertretende Berufsberatungsleiter: „Wir sind bemüht, an alle Leute ranzukommen, die nichts haben“, sagt Stieneken. „Und wenn nur 150 mitmachen, muß man nochmal überlegen.“ Trotzdem sei man froh, „jetzt alles versuchen zu können, um auch den letzten Jugendlichen zu überzeugen, etwas zu machen.“

Öffentlicher Druck sei dabei nicht angesagt, heißt es dazu im Verband Bremer Beschäftigungsträger. „Wenn wir in einem halben Jahr noch keinen Erfolg vorzeigen können, ist das eben so“, so Verbandsvertreterin Katja Barloschky. „Dann muß Bonn eben längerfristig fördern.“ Um diese Jugendlichen hätte man sich „schließlich jahrelang nie gekümmert. Dann kann das so schnell nicht klappen.“ Viele Jugendliche hätten längst innerlich mit allem abgeschlossen, zwei Ausbildungen abgebrochen und seien deshalb zu Engagement nicht bereit. „Da müßte man jetzt richtig aufsuchende Beratungsarbeit machen.“

Wie dieses Problem zu lösen ist, wird auf höchster Ebene zwischen Arbeitsamt sowie Sozial- und Arbeitsressort nervös verhandelt. Immerhin rechnet der Verband bei 500 Jugendlichen und geschätzten zwei Gesprächen pro Klient mit 1.000 Beratungen. Das Arbeitsamt setzt deshalb vorerst auf zwei geplante offene Beratungstage. Und strickt an Lockangeboten wie zum Beispiel einer Berufsvorbereitung auf dem Bau mit bezahlter Reise in die Türkei. Katja Ubben