Strafanzeige gegen Gesundheitssenatorin angedroht

■ Kliniken befürchten nach Schließungsabsichten Rufschädigung, weil die Patienten verunsichert sind. Kritik an CDU-Senatorin auch aus eigener Partei. SPD: Diepgen soll handeln

Seit Gesundheitssenatorin Beate Hübner (CDU) am Mittwoch ihre Schließungsabsichten für eine große Anzahl Krankenhäuser bekanntgegeben hat, wächst die Verunsicherung nicht nur unter den Klinikmitarbeitern, sondern auch unter den Patienten. „Wir hatten bereits sehr viele Anrufe von ehemaligen oder zukünftigen Patienten“, sagte Norbert Herrmann, Geschäftsführer des St. Gertrauden Krankenhauses in Wilmersdorf, das auf der „Giftliste“ von Hübner steht. „Wir müssen befürchten, daß sich potentielle Patienten von uns abwenden“, sagte er. Das 500-Betten-Haus sei auf den Kopfbereich spezialisiert – Operationen müssen teilweise ein dreiviertel Jahr vorher angemeldet werden.

Die Geschäftsführung erwägt deshalb, gegen die Gesundheitssenatorin Strafanzeige zu stellen: „Ihre Ankündigungen sind Rufschädigung, das können wir uns nicht bieten lassen“, empörte sich Herrmanns. Die Gesundheitsverwaltung hätte die Kliniken vorab informieren müssen. Auch die Geschäftsführung des bedrohten Oskar-Helene-Heims kündigte an, möglicherweise eine Strafanzeige wegen Rufschädigung zu stellen.

Herrmanns sagte, es sei völlig unsinnig das Gertrauden-Krankenhaus zu schließen: Es seien in den vergangenen Jahren 140 Millionen Mark investiert worden. 60 Millionen Mark, die von der Gesundheitsverwaltung zugesagt worden sind, ständen noch aus.

Auch im Krankenhaus Moabit werden rechtliche Schritte erwägt: „Für den Fall, daß es zu einer Schließung kommt, werden wir alle Mittel ausschöpfen“, sagte gestern Diethard Rauskolb, CDU- Gesundheitsstadtrat in Tiergarten und Aufsichtsratsvorsitzender des Krankenhauses. Die Klinik ist eine gemeinnützige GmbH. Gesellschafter ist das Land Berlin zu 93 Prozent, zu sieben Prozent die Diakonie. Dennoch kann das Land eine Klage nicht verwehren, „weil der Bezirk für das Krankenhaus zuständig ist“, so Rauskolb.

Bereits vor zweieinhalb Jahren hatte die private Havelklinik in Spandau mit einer Klage Erfolg: Damals entschied das Oberverwaltungsgericht, daß 24 Betten für herzchirurgische Operationen in den Krankenhausplan aufgenommen werden müssen. Die Gesundheitsverwaltung hatte damals argumentiert, daß es bereits genügend Betten für solche Operationen gebe und wollte diese deshalb nicht finanzieren.

Rauskolb hofft außerdem auf den Einfluß des parlamentarischen Geschäftsführers der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Volker Liepelt, der gleichzeitig CDU- Abgeordneter aus Tiergarten ist. Liepelt hatte die angedrohte Schließung als „offensichtliche Willkürplanung“ bezeichnet und die Gesundheitssenatorin scharf angegriffen. Er sehe „mit Bekümmernis“, daß die Planspiele der Gesundheitsverwaltung mit den freigemeinnützigen Krankenhäusern neue Kliniken als Schließungskandidaten vorsehen.“ Dies sei nicht mit den Grundsätzen der CDU vereinabr. Der SPD-Landesgeschäftsführer Norbert Meissner forderte den Regierenden Bürgermeister gestern zum raschen Handeln auf: „Hübner hat im Gesundheitswesen Chaos angerichtet, dem Diepgen nicht mehr tatenlos zusehen darf.“ Julia Naumann