Unscom-Chef Butler ist amtsmüde

■ Die Regierung in Washington gibt zu: Die USA haben Informationen über den Irak mit den Inspektoren ausgetauscht. Die UNO weist die Vorwürfe zurück. Die Führung in Bagdad fühlt sich durch die Spionagebericht

Washington/Berlin (rtr/dpa/taz) Richard Butler möchte sich beruflich verändern. Der ins Kreuzfeuer der Kritik geratene Leiter der UN- Sonderkommission für die Rüstungskontrollen (Unscom), will sein Amt möglicherweise Ende Juni abgeben. In einem gestern veröffentlichten Interview mit der Zeitung The Sydney Morning Herald sagte Butler, er habe seine Aufgabe gerne erfüllt. „Ich habe aber immer gesagt, daß ich diesen Job nicht ewig machen möchte.“ Daher erwäge er seinen Rücktritt mit Ablauf seiner Amtszeit am 30. Juni.

Die US-Regierung hat inzwischen zugegeben, mit der Unscom Informationen ausgetauscht zu haben. Dies habe jedoch nicht darauf abgezielt, die Regierung von Saddam Hussein zu stürzen, erklärte der Sprecher des US-Außenministeriums, James Rubin, am Mittwoch in Washington. Im Bemühen, versteckte B- und C-Waffen zu finden, hätten die USA und die Unscom auch technisches Gerät gemeinsam genutzt, sagte Rubin.

Er reagierte damit auf Zeitungsberichte über US-Spionage mit Hilfe der Unscom in Irak. „Zu keiner Zeit haben die Vereinigten Staaten mit irgend jemandem bei Unscom zusammengearbeitet, um Informationen mit dem Ziel zu sammeln, das irakische Regime zu untergraben“, behauptete Rubin vor Journalisten. Die Zusammenarbeit bei der Informationsbeschaffung habe lediglich dazu gedient, sicherzustellen, daß Irak die Abrüstungsauflagen erfülle.

Wie die Washington Post und der Boston Globe am Mittwoch schrieben, sollte das Regime in Bagdad mit der Abhöraktion geschwächt werden. UN-Generalsekretär Kofi Annan habe Butler um Aufklärung gebeten und dringe auf dessen Rücktritt, hieß es.

Butler selbst wies die Vorwürfe zurück. Seine Kontrolleure hätten für keinen Staat spioniert. Er räumte jedoch ein, daß Unscom Hilfe von den USA und 40 anderen Staaten erhalten habe. Er fügte hinzu, daß die internationale Unterstützung dazu gedient habe, die vom Irak errichtete „Mauer des Widerstands“ zu durchbrechen. Bei der Hilfe sei es ausschließlich um die Entwaffnung des Irak gegangen.

Auch Annan wies über seinen Sprecher Fred Eckhard die Anschuldigungen zurück. Es gebe dafür keinerlei Beweise. „Wir haben nicht nur keine überzeugenden Beweise für diese Vorwürfe, sondern wir haben überhaupt keine Beweise“, sagte Annan in einer von Eckhard verlesenen Erklärung. „Wir haben nur Gerüchte.“ Der UN-Generalsekretär stritt auch ab, daß er Butler zum Rücktritt dränge.

Der frühere amerikanische UNO-Waffeninspektor im Irak, Scott Ritter, geht davon aus, daß die USA Informationen der Inspektoren für ihre Luftangriffe im Dezember genutzt haben. Die USA hätten unzweifelhaft Zugang zu jenen Informationen über irakische Massenvernichtungswaffen und über den irakischen Präsidenten Saddam Hussein, die von der Unscom gesammelt worden seien, sagte Ritter im australischen Rundfunk. Diese Erkenntnisse seien von den USA und Großbritannien für die Operation „Wüstenfuchs“ verwandt worden, erklärte Ritter. Das werde deutlich, wenn man die Angriffsziele der Bombardements im Dezember betrachte. „Ich halte dies für tadelnswert“, fügte Ritter hinzu.

Offene Freude über die Butler- Affäre herrschte gestern in der irakischen Führung. UN-Botschafter Nizar Hamdoun sagte, die Berichte über die Spionage der Unscom seien ein Sieg der Wahrheit. Eine Mitarbeiterin der Regierung in Bagdad, Nasra Al-Sadoun, sagte über die Unscom: „Sie sind Spione des CIA und des Mossad. Warum sollte der Irak also ihre Rückkehr akzeptieren?“ Irak verlangt seit längerem den Rücktritt Butlers. Bagdad beschuldigt den Diplomaten, eine Marionette der US-Regierung zu sein und die seit acht Jahren geltenden Sanktionen gegen Irak auf unbegrenzte Zeit unter dem Deckmantel von Waffeninspektionen aufrechtzuerhalten. bs