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: Seit Affengedenken

„Kußlust – Geschichten über den Kuß“, Do., 22.45 Uhr, ARD

Das mulmige Gefühl, das den unfreiwilligen Beobachter beschleicht, wenn er mitansehen muß, wenn's die häßliche Kusine mit dem Bräutigam oder der Swingerklubbesucher mit der Dame rechter Hand tut, überkam einen unwillkürlich auch beim Film „Kußlust – Geschichten über den Kuß“. Die kußlustige Autorin Susanne d'Alqueu hatte sich nämlich vorgenommen, die Küsserei seit Affen- und Menschengedenken möglichst großflächig zu collagieren, pickte sich aus der Historie dann aber doch nur Allgemeinplätze heraus.

Und ins Gedächtnis brannten sich bei dem dreiviertelstündigen Beitrag vor allem eine Handvoll, von Frau d'Alqueu extra angeheuerte Bestellkatalog-Statisten. Zur Untermalung der Archivbilder (Papst-, Fußballspieler-, Politikerkuß) durften diese Model-Söldner und -Söldnerinnen sich sehr originell auf Picknickdecken, Parkbänken, am Bahnsteig, inmitten von Menschenmengen, vorm Motorrad und in bedrohlich speichelfädennahen Großaufnahmen abschlabbern.

Gelegentlich steckte sich eine Frau eine Erdbeere ins Gesicht. Oder es flutschte ein rotes, lippenförmiges Stück Seife durchs Bild. Und nach kurzer Informationskonservenpause (Humanbiologen, Populärwissenschaftlerinnen, Ärzte bestätigen einhellig, daß Küssen gesund sei) stets wieder Statistenoberkörper und Statistenbeine, die von fleißigen Statistenmündern bearbeitet werden. Nach der obligatorischen Transen- und Kosmetikexpertenbefragung zum Thema Lippenbemalung mußte schließlich sogar noch Paris (Doisneau, Rodin) als Kulisse herhalten, vor der weitere Statisten auf redliche Weise ihr Taschengeld aufbessern konnten. Monie Schmalz