Unruhe in Sierra Leone

■ Waffenruhe zwischen Regierung und Rebellen vereinbart – und wieder gebrochen

Freetown (AFP/taz) – Trotz einer am Donnerstag abend vereinbarten Waffenruhe haben die Rebellen in Sierra Leone gestern zur Fortsetzung der Kämpfe aufgerufen. Die Nummer zwei der „Revolutionären Vereinigten Front“ (RUF), Sam Bockarie, sagte, er habe dies angewiesen, und forderte die Bildung einer Übergangsregierung und freie Wahlen.

Nach Angaben Bockaries griffen seine Leute, die die Hälfte der Hauptstadt Freetown kontrollieren, gestern Jui und Wilberforce an, die wichtigsten Stützpunkte der von Nigeria geführten Eingreiftruppe Ecomog. Als nächstes sei der internationale Flughafen von Lungi an der Reihe, wo sich die Regierung aufhält.

Damit ist vermutlich die siebentägige Waffenruhe hinfällig, die Präsident Ahmad Tejan Kabbah nach eigenen Angaben am Donnerstag bei Verhandlungen mit der RUF mit dem gefangenen Rebellenchef Foday Sankoh vereinbart hatte. Bei den Gesprächen, deren Ergebnis über Rundfunk verkündet worden war, wurde ein Ende der Kämpfe in Freetown vereinbart. Nach einer Woche sollte dann RUF-Führer Sankoh aus dem Gefängnis entlassen werden. Die Nachricht von der Einigung führte gestern früh zu Freudentänzen in der halbzerstörten sierraleonischen Hauptstadt. Aber Bockarie hatte daraufhin gesagt, er nehme nur von Sankoh direkt Befehle an.

Die Versorgungslage der Bevölkerung bleibt katastrophal. Ein Mitarbeiter der Hilfsorganisation Caritas berichtete, die in der nördlichen Stadt Makeni und in anderen von den Rebellen eroberten Orten seien Kliniken und Sozialeinrichtungen geplündert und zerstört worden. Viele Menschen verfügten kaum noch über Nahrungsmittel. Vor den Kriegswirren seien viele Menschen aus den Städten auf das Land geflüchtet, darunter auch viele unbegleitete Kinder, die umherirrten und in Gefahr stünden, als Kindersoldaten rekrutiert zu werden. D.J.