UN-Chef im Irak will kein Opferlamm des Krieges sein

■ Richard Butler, oberster UN-Waffeninspekteur im Irak, fordert von den USA Aufklärung der Spionagevorwürfe. Auch Frankreich wollte mit der UNO spionieren

New York/Washington (AP/taz) – In der Affäre um die möglichen Spionageaktivitäten der Unscom (UN-Sonderkommission für die Rüstungskontrollen in Irak) für die USA fliegen die Fetzen. Der unter Beschuß geratene Unscom-Leiter Richard Butler hat zum Gegenangriff ausgeholt: Er forderte von der US-Regierung Aufklärung über deren mutmaßliche Bemühungen, die Arbeit der Inspektoren für eigene Zwecke zu nutzen. Er habe Vertreter der US-Regierung gefragt, was sie ohne Wissen der UNO getan hätten, sagte Butler. Er erwarte „echte Antworten“.

US-Zeitungen berichten seit Tagen über geheimdienstliche Zusammenarbeit der Unscom mit den USA. Butler wie auch die US-Regierung und die UN-Spitze haben die Vorwürfe bisher immer zurückgewiesen. Nun aber bröckelt die Dementifront. Sprecher des Weißen Hauses und des US-Außenministeriums sagten, die Unscom habe ihre Aufgabe nicht bewältigen können und daher Dutzende Länder, darunter die USA, um Expertenhilfe gebeten. „Die USA haben Unscom die besten Waffenexperten sowohl der Regierung als auch privater Organisationen geschickt“, sagte der stellvertretende Außenamtssprecher James Foley. Welche Organisationen, präzisierte er nicht. Die Amerikaner seien jedoch keine beauftragten Spione gewesen.

Der ehemalige Unscom-Inspekteur Scott Ritter, der im August wegen Differenzen mit den USA zurückgetreten war, goß weiteres Öl ins Feuer. Gegenüber der Pariser Libération stellte er das Problem so dar, daß nicht die Unscom spioniert habe, sondern umgekehrt die im Irak aktiven ausländischen Geheimdienste sich geweigert hätten, mit der Unscom zusammenzuarbeiten. Er selbst habe sich in Frankreich mit französischen Geheimdienstlern getroffen, die ihn gebeten hätten, Unscom-Informationen an Paris weiterzuleiten, sagte er. Als er im Gegenzug wollte, daß die Unscom auch Informationen Frankreichs erhält, hätten die Franzosen abgelehnt. „Sie wußten, daß die Entwaffnung des Irak unvollständig war“, sagte Ritter zur Haltung Frankreichs. Aber „uns zu helfen, herauszufinden, daß der Irak schummelt, war nach ihrer Auffassung nicht hilfreich.“ D.J.