In die Fahrschulen ziehen die weiblichen Ausbilder ein

■ Mit der männlichen Vorherrschaft in den Fahrschulen ist es vorbei. In einem bundesweit einmaligen Projekt in Hamburg werden Frauen von Frauen zu Fahrlehrerinnen ausgebildet

Hamburg (taz) – Auf den ersten Blick wirkt Aufgabe 3 kinderleicht: das „Quereinparken“. Ulla erklärt, wie sie das bewerkstelligen würde: Blinker raus, einen Blick nach links, einen nach rechts, und rein mit der Kiste. „Wenn du das so machst, hast du schlecht eingeparkt“, kommt postwendend der Rüffel von Donata Schulte-Vieting. „Du kommst aus deinem Auto nicht mehr raus und der neben dir nicht mehr aus seiner Beifahrertür.“ Ulla grinst: „Wer sagt denn, daß ich aussteigen will?“ Zehn Frauen sitzen um einen Tisch gruppiert. In der Frauen-Metallwerkstatt „Pfiffigunde“ in Hamburg lassen sie sich zur Fahrlehrerin ausbilden – eine Besonderheit in der bundesdeutschen Kfz- Landschaft. Zwar ist es heute üblich, daß Frauen ebenso wie Männer ein Auto lenken. Lernen müssen sie das jedoch zumeist an der Seite eines männlichen Lehrers – in Hamburg etwa gibt es nur 8 weibliche und 370 männliche Fahrlehrer. Dabei würden viele Frauen ihre ersten motorisierten Meter lieber mit einer Frau zurücklegen, weiß Fahrlehrerin Schulte-Vieting. Seit sie im Mai in der Hansestadt anheuerte, habe sie es schon drei- bis viermal erlebt, daß Frauen zu ihr wechselten, die zuvor woanders Unterricht genommen hatten und sich neben dem männlichen Lehrer unwohl fühlten, erzählt sie.

Daß der Job neben dem Steuer eine Männerdomäne ist, liegt nicht zuletzt daran, daß Männer die Ausbildung bei der Bundeswehr umsonst machen können, während Frauen auf dem freien Markt 20.000 Mark dafür hinblättern müssen. Das kam etwa für Julia, die „schon immer Fahrlehrerin werden wollte“, nie in Frage. Erst als sie davon erfuhr, daß das Arbeitsamt die Umschulung bei „Pfiffigunde“ in Hamburg finanziert, habe sie ihren „alten Wunsch wieder aufgegriffen“, sagt die frühere Taxifahrerin. Erst seit September gibt es den bundesweit einmaligen Ausbildungsgang für Fahrlehrerinnen in Hamburg. Und daß es ihn gibt, entschied sich endgültig erst drei Wochen vor Kursbeginn.

Längst war ein Unterrichtsraum in der Werkstatt „Pfiffigunde“ ausgebaut, und auch Fahrlehrerin Donata Schulte-Vieting hatte ihr Domizil schon von Berlin nach Hamburg verlegt, als das Arbeitsamt im Februar 1998 unerwartet die Förderung verweigerte. Zuvor hatte sich dessen Fortbildungskoordinator, Holger Jung, in der Zeitschrift Auto-Bild noch massiv für das Projekt eingesetzt. „97 Prozent der Ausbilder sind Männer, das Interesse an Fahrlehrerinnen ist groß“, hatte er argumentiert. Die Behörde für Arbeit, Gesundheit und Soziales hatte bereits grünes Licht gegeben und der Europäische Sozialfonds 80.000 Mark bewilligt. Doch dann, im September vorigen Jahres, intervenierte der „Hamburger Fahrlehrerverband“.

Der Verband veranlaßte den „Bund der Steuerzahler“, das Arbeitsamt vor einer „Verschwendung öffentlicher Mittel“ zu warnen – worauf das plötzlich befand, eine Frauenfahrlehrerinnenschule sei „arbeitsmarktpolitisch nicht zweckmäßig“. Denn in der Hansestadt gebe es bereits einige arbeitslose Fahrlehrer. Nach Intervention sämtlicher Fraktionen in der Bezirksversammlung Altona genehmigte das Arbeitsamt die Förderung Ende Juli doch – unter der Auflage, daß alle Frauen schon vor Ausbildungsbeginn einen festen Arbeitsvertrag mit einer Fahrschule für die Zeit danach vorlegen können. Und das, sagt Projektleiterin Claudia Vollmer, sei überhaupt kein Problem gewesen: „Es gibt eindeutig Bedarf an weiblichen Fahrlehrerinnen.“ Immer wieder riefen Fahrschulen an und fragten, wann der erste Ausbildungsgang fertig sei. „Arbeitslosigkeit“, da ist sich auch Kursteilnehmerin Kerstin sicher, „ist nicht zu erwarten.“ Während sie noch einen Blick auf die Anleitung zum „Einparken vorwärts links zwischen senkrecht stehenden Fahrzeugen“ wirft, gesteht sie: „Manchmal frage ich mich schon, was ich hier eigentlich mache: Willst du noch mehr Menschen zum Fahren und zur Luftverschmutzung bringen?“ Doch zum einen hatte sie ihren Sozialarbeiterinnen-Job im Frauenhaus schlichtweg satt. Und zum anderen werde bei „Pfiffigunde“ ja auch das „umweltbewußte Fahren“ unterrichtet. Elke Spanner

Infos: Pfiffigunde (040) 3902578