Mehr Aufklärung ohne Uniform

■ Innensenator Werthebach zog gestern eine positive Zwischenbilanz des Berliner Modells, räumte aber auch Schwierigkeiten ein. Streit um Aufklärungsquote von Schupo und Kripo

Ein Jahr nach der probeweisen Einführung des Berliner Modells bei der Polizeidirektion 5 in Kreuzberg und Neukölln haben Innensenator Eckart Werthebach (CDU) und Direktionsleiter Klaus Karau gestern vor dem Innenausschuß eine Zwischenbilanz gezogen. Sie räumten dabei Anlaufschwierigkeiten ein, werteten die leicht gestiegene Aufklärungsquote in der Direktion 5 jedoch als Beleg für den Erfolg des Modells. Die Aufklärungsquote habe 1998 den berlinweiten Spitzenwert von 54,5 Prozent erreicht und liege damit 1,5 Prozent über dem Vorjahreswert der Direktion.

Ziel des Berliner Modells ist es, Schutzpolizisten verstärkt in die Verbrechensbekämpfung einzubeziehen, damit sich die Kriminalpolizei auf Schwerverbrechen konzentrieren kann. Der Schutzpolizist ermittelt nun bei leichteren Vergehen selbst, führt Vernehmungen durch und schreibt einen „gerichtsfesten“ Sachbericht.

Kritik gab es gestern vom bündnisgrünen Innenpolitiker Wolfgang Wieland. Die hohe Aufklärungsquote sei vor allem der Kriminalpolizei zu verdanken. Bei der Schutzpolizei, so Wieland, liege die Quote lediglich bei 20 bis 30 Prozent. In der Vergangenheit hatte auch der Bund der Kriminalbeamten das Modell immer wieder kritisiert.

Auch die Polizei räumte gestern Startschwierigkeiten ein. Als eine der Schwachstellen des Modellversuchs erwies sich nach Ansicht der Beamten bislang die zu knappe Fortbildungszeit der Schutzpolizisten. Karaus Bilanz: „Es wird eine Weile dauern, bis wir die Mitarbeiter zu eigenverantwortlichem und selbstständigem Handeln befähigen.“ Vorerst sollen die Kräfte, die sich beim Schreiben von Sachberichten besonders hervorgetan haben, diese Aufgabe schwerpunktmäßig übernehmen.

Werthebach bezeichnete die Umsetzung des Berliner Modells vorsichtig als einen „Prozeß, der sich über mehrere Jahre hinziehen wird“. Eine Alternative zum Berliner Modell gebe es aber nicht. Auch einen genauen Zeitpunkt für die Ausweitung des Modells auf andere Direktionen nannte Werthebach nicht. Zunächst soll die verbesserte Computersoftware mit dem Namen „Diba-Formularschrank“ erprobt werden. Das Programm mit 55 Formularen wird seit gestern erprobt und soll bis März im „Echtbetrieb“ funktionieren. Die Software sollte bereits vor einem Jahr startklar sein, doch hatte sich ein polizeiintern entwickeltes Programm als untauglich erwiesen. 60.000 Mark hat die Entwicklung der Software nun gekostet.

So blieb es gestern bei der vagen Ankündigung, das Modell solle „in der ersten Jahreshälfte“ auf die Direktion 4 (Zehlendorf, Steglitz, Schöneberg, Tempelhof) ausgeweitet werden. In der zweiten Jahreshälfte soll die Direktion 7 folgen, die Prenzlauer Berg, Weißensee, Hohenschönhausen, Marzahn und Hellersdorf umfaßt. Dorothee Winden