Hauptsache, über die PDS reden

■ In der SPD fordert der Kreis der „Neuen Mitte“ einen kritischen Umgang mit der PDS. Stolpe sieht aber noch keine Spaltung der SPD

Bonn (taz) – Es klingt schon beinahe trotzig: „Über die PDS-Frage wird die Sozialdemokratie im Osten nicht zerbrechen.“ Das sagt Brandenburgs Ministerpräsident Manfred Stolpe. Nach der gestrigen Beiratssitzung des „Forum Ostdeutschland“ sieht er sich genötigt, ein wenig grundsätzlich auf den Umgang mit den Postsozialisten in den neuen Bundesländern einzugehen. Anlaß ist die Gründung des Gesprächskreises „Neue Mitte“. Am Sonntag hatten 18 SPD-Mitglieder von ihrer Partei eine kritischere Distanz zur PDS gefordert.

Der Umgang mit der PDS – das ist für Manfred Stolpe „keine spaltende Glaubensfrage“. Die Realitäten in den verschiedenen neuen Ländern seien eben unterschiedlich, und daraus resultiere der verschiedene Umgang mit der Partei. Entscheidend sei am Ende, so der Vorsitzende des Forum Ostdeutschland, „daß sozialdemokratische Politik durchgesetzt werden kann“. Wie das am besten zu bewerkstelligen sei, sei Sache der jeweiligen Landesverbände.

Nach der Forums-Sitzung gibt die Prominenz der Ost-SPD eine Pressekonferenz. Anwesend sind unter anderen der Bundestagspräsident Wolfgang Thierse, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff, der sächsische SPD-Fraktionschef Karl-Heinz Kunckel und aus Sachsen-Anhalt der Regierungschef Reinhard Höppner.

Die Kritiker des sozialdemokratischen Umgangs mit der PDS kommen bei diesen Genossen nicht gut weg. Es sei manchmal so, bedauert etwa Harald Ringstorff, „daß Minderheiten in den Medien eine besondere Aufmerksamkeit finden“. Freilich, auf diese Minderheit möchte er, ebensowenig wie die anderen Vertreter des Forums Ostdeutschland, nicht verzichten. Aber einige „Klischee-Vorstellungen“ sollen zurechtgerückt werden. In seinem Bundesland gelte, daß die PDS sich einer eisernen Haushaltsdiziplin befleißige und auch den Abbau von Stellen im öffentlichen Dienst mittrage.

Den Formelkompromiß bemüht auch Ministerpräsident Reinhard Höppner. Der Streit um die Haltung zur PDS sei „ein ganz normaler Diskussionsprozeß in der SPD“. Die Umgang sei „so verschieden wie das Leben“, und darin schlügen sich die unterschiedlichen Erfahrungen in den Landtagen nieder.

Unterschiedlich sind die Erfahrungen in der Tat, und so alleine stehen die Kritiker der Annäherung an die PDS am Ende doch nicht da. Zwar gibt Karl-Heinz Kunckel die für alle geltende Parole aus, wonach Einigkeit darüber herrsche, „daß sich links von der SPD keine Partei etablieren“ darf. Nur in Sachsen hat das für ihn „deutlich andere Mehrheiten“ als etwa in Mecklenburg-Vorpommern zur Folge. Kunckel ist gegen jede Zusammenarbeit mit den SED-Nachfolgern.

Übereinstimmend wehren sich die Sozialdemokraten gegen die Forderung nach einer Amnestie für in der DDR begangenes Unrecht. Wolfgang Thierse bespielsweise warnt vor einem von der PDS geforderten Amnestiegesetz, das „bestenfalls eine eingebildete Wirkung“ haben könne. Schließlich hätten die rund 22.000 Ermittlungsverfahren gerade in 200 Prozessen zu einer Verurteilung geführt, inhaftiert seien lediglich 21 der Verurteilten. Wolfgang Gast