Freetowns Straßen voller Leichen

■ Die Kämpfe in Sierra Leones Hauptstadt Freetown werden immer heftiger. Afrikanische Außenminister treffen zu Vermittlungsmission ein, um einen Waffenstillstand auszuhandeln

Freetown (dpa/AFP/taz) – Im Zentrum der sierraleonischen Hauptstadt Freetown tobten gestern erneut schwere Gefechte zwischen der westafrikanischen Eingreiftruppe Ecomog und den Rebellen der Revolutionären Vereinigten Front (RUF). Die vornehmlich nigerianischen Ecomog- Soldaten griffen Rebellen-Stoßtrupps mit schweren Waffen an, berichteten Augenzeugen.

Die Kämpfe sind offenbar sehr verlustreich. Ein Ecomog-Pilot, der immer wieder neue Soldaten ins Kampfgebiet brachte und auf dem Rückflug Verwundete evakuierte, berichtete, die Straßen Freetowns lägen voller uniformierter Leichen. Erst am Sonntag war die Ecomog mit 500 Soldaten aus Nigeria weiter verstärkt worden. Die Rebellen haben zwei italienische Missionare als Geiseln genommen. Rebellenführer Sam Bockarie behauptete am Sonntag außerdem, 200 Nigerianer gefangengenommen zu haben.

Am Sonntag wurde ein US- amerikanischer Fotograf der Nachrichtenagentur Associated Press (AP) bei den Kämpfen in Freetown getötet und der kanadische Westafrika-Bürochef der Agentur verletzt. Augenzeugen zufolge waren die Journalisten mit dem sierraleonischen Informationsminister Julius Spencer und einer Ecomog-Eskorte im Stadtzentrum unterwegs, als der Konvoi von Rebellen beschossen wurde. Die Außenminister Togos und der Elfenbeinküste trafen gestern auf dem Flughafen von Freetown ein, um zwischen der Regierung und den Rebellen zu vermitteln. Die beiden Emissäre der westafrikanischen Staatengruppe Ecowas kündigten Gespräche mit Präsident Ahmad Tejan Kabbah sowie mit dem inhaftierten und zum Tode verurteilten Rebellenführer Foday Sankoh an.

Ecowas-Generalsekretär Lansana Kouyate hatte zuvor gesagt, die Regionalorganisation wolle dazu beitragen, eine politische Lösung zu finden. „Es hat eine Änderung in der Strategie gegeben“, sagte Kouyate. „Bisher dachte der Präsident, daß die Rebellen vor Gericht gestellt werden sollten. Jetzt gibt er zu, daß es eine politische Lösung geben muß.“ Ein Vorschlag ist, Sankoh zunächst außer Landes zu bringen, um an einem neutralen Ort Friedensgespräche zu führen.

Die beiden Minister reisten aus Guinea an, wo sie mit Präsident Lansana Conté gesprochen hatten. Guinea ist mit Soldaten an der Ecomog beteiligt und fürchtet ein Übergreifen des Krieges. Guineas im Dezember unter zweifelhaften Umständen wiedergewählter Präsident Conté hat kürzlich einen führenden Oppositionspolitiker inhaftiert und wirft ihm das Anwerben von Söldnern vor. D.J.