EU: Fischer für beschränktes Veto

■ Bundesaußenminister stellt in Straßburg deutsches Programm zur EU-Ratspräsidentschaft vor. Er fordert politische Reformen der EU-Institutionen und die Klärung des Nettozahlerstreits

Straßburg (rtr/AP/dpa) – Bundesaußenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) hat eine umfassende politische Reform der Europäischen Union (EU) angemahnt. Nach der gelungenen Einführung des Euro müsse nun die politische Handlungsfähigkeit der EU gestärkt werden, sagte Fischer gestern bei der Vorstellung des Programms der deutschen Ratspräsidentschaft vor dem Europäischen Parlament in Straßburg. Das Programm konzentriert sich auf das Reformpaket Agenda 2000, die Erweiterung der Union und die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Fischer bekräftigte den Willen Deutschlands zu einer schnellstmöglichen Erweiterung der EU um mittel- und osteuropäische Staaten. „Deutschland bleibt Anwalt einer zügigen Osterweiterung“, betonte er. Am Rande äußerte sich Fischer im Hinblick auf das anstehende Mißtrauensvotum gegen die EU-Kommission: „Im Interesse der bevorstehenden historischen Aufgaben haben wir ein Interesse an einer starken Kommission.“ Fischer schlug vor, auf dem EU-Gipfel im Juni in Köln den Startschuß für eine neue EU- Regierungskonferenz im Jahr 2001 zu geben. Nur eine solche Regierungskonferenz kann Reformen der politischen Institutionen beschließen. Im Zuge der EU-Reform solle das Vetorecht der EU- Staaten auf Veränderungen der EU-Verträge beschränkt werden. Ziel müsse es sein, das Einstimmigkeitsrecht zugunsten von Mehrheitsentscheidungen in möglichst vielen Politikbereichen aufzugeben. „Sonst droht ein institutioneller Infarkt“, sagte Fischer.

Erst kürzlich hatte die britische Regierung mit ihrem Veto gegen die deutschen Pläne gedroht, die Steuern in der EU zu harmonisieren. Diese Pläne bekräftigte Fischer in Straßburg. Die Steuern innerhalb der EU müßten angeglichen werden. Der Widerstand dagegen sei jetzt „mehr ein britisches als ein europäisches Problem“.

Fischer zeigte sich optimistisch, daß das EU-Reformpaket Agenda 2000 im März abgeschlossen werden kann. Die Agenda regelt die Finanzen der EU bis 2006. Dafür müßten aber alle 15 EU-Partner „in einem substantiellen Schritt“ nationale Interessen aufgeben, um zu einer Lösung zu kommen, erklärte er. Deutschland werde zwar weiter größter Nettozahler der EU bleiben. Ungleichgewichte bei der Belastung müßten aber beseitigt werden. Dafür müßten einige Länder auf Besitzstände verzichten, erklärte Fischer. Die Lösung dürfe aber nicht auf Kosten der schwächsten EU-Länder gehen. Zur Debatte stehe auch der britische Rabatt bei den Zahlungen an die EU. Es sei für deutsche Bürger schwer einzusehen, warum Länder, die ein höheres Bruttosozialprodukt als Deutschland hätten, Nettoempfänger von EU-Geldern seien, sagte Fischer. Der Streit soll im März beigelegt werden.