PDS-Fraktion ohne Muth

Weil sie Wimperntusche im Wert von 22,90 Mark geklaut hat, will Caterina Muth nicht mehr Chefin der PDS-Landtagsfraktion in Mecklenburg-Vorpommern sein  ■ Von Georg Löwisch

Berlin (taz) – „Ich dachte, wie es wohl wäre, wenn ich einfach etwas mitnehme“, hat Caterina Muth hinterher gesagt. Die PDS-Fraktionschefin im Schweriner Landtag meint jenen Tag kurz nach Weihnachten, als sie in einen „Schlecker“-Drogeriemarkt in Neubrandenburg ging. Die 40jährige zahlte alles, nur eine Wimperntusche für 22,90 Mark schmuggelte sie an der Kasse vorbei. Gestern abend zahlte Muth teuer nach. Sie trat zurück, wie aus Parteikreisen berichtet wurde.

Eigentlich hatte niemand in der PDS damit gerechnet, daß Muth so drastische Konsequenzen zieht. Immerhin gibt es in der Parteigeschichte einen Präzedenzfall. 1996 klaute Petra Sitte, Fraktionschefin im Landtag von Sachsen-Anhalt, einen „Lippenpomadenabdeckstift“ für 9,80 Mark, damals geschah es nicht bei Schlecker, sondern bei Rossmann. Sitte stellte in der Fraktion die Vertrauensfrage und durfte bleiben.

Zudem hätte für Muth, die die SED 1988 im Streit verließ, auch ihr guter Ruf gesprochen, den sie sich als Vorsitzende des Umweltausschusses erwarb. Nach der Wahl im Herbst fiel sie durch den Verzicht auf einen Posten im SPD/ PDS-Kabinett auf – sie wollte nicht als Ministerin Kompromisse eingehen müssen. Zu dem Diebstahl sagte Muth gestern, es müsse die Wirkung auf die PDS und den Schweriner Bündnispartner SPD bedacht werden.

Bei anderen Verfehlungen war die PDS weniger sensibel: Die stasibelastete PDS-Abgeordnete aus Sachsen-Anhalt, Gudrun Tiedge, mußte im Dezember erst vom Landtag aus dem Amt der Rechtsausschußvorsitzenden befördert werden.

Dafür könnte Muth ihre schnelle Einsicht womöglich noch helfen. Nach der Geschäftsordnung der Schweriner PDS-Fraktion müsse der Vorsitz ein Jahr nach der Landtagswahl bestätigt oder neu gewählt werden, hieß es gestern aus PDS-Kreisen: „Warum soll sie dann nicht wieder antreten?“