Kommentar
: Ein kluger Entwurf

■ Staatsbürgerschaft: Schily bringt die Opposition in die Zwickmühle

Der Arbeitsentwurf von Innenminister Otto Schily zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts ist ein Meisterstück politischer Klugheit – und zwar gerade deshalb, weil es für alle Seiten an dem Papier genug zu kritisieren gibt. An der Bereitschaft, bei Einbürgerungen künftig regelmäßig eine doppelte Staatsbürgerschaft zu akzeptieren, wird in dem Entwurf ohne Wenn und Aber festgehalten. Die Union und die FDP werden dem geplanten Gesetz also nicht zustimmen können. Zugleich aber müssen sich diejenigen, die Deutsche werden wollen, zur Verfassung bekennen und ihren Unterhalt bestreiten können. Das gräbt einer Kampagne das Wasser ab, die vor allem mit irrationalen Ängsten Stimmung zu machen versucht. Schily hat die Opposition elegant in die Zwickmühle gebracht.

Nun hat allerdings die deutsche Gesellschaft mit Gesinnungsprüfungen keine guten Erfahrungen gemacht. Den Radikalenerlaß haben am Ende auch seine Erfinder offen als Irrweg bezeichnet. Wenn außerdem festgelegt wird, daß Sozialhilfeempfänger im Regelfall keinen Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft haben, dann läßt sich schon jetzt absehen, daß dieses Gesetz für Einzelfälle ungerechte Härten nach sich ziehen wird. Es gibt also gute Gründe, diesen Bedingungen skeptisch gegenüberzustehen.

Vor allem in den Reihen der Bündnisgrünen dürfte Schilys Entwurf deshalb nicht nur Begeisterung hervorrufen. Der kleinere Koalitionspartner wäre dennoch schlecht beraten, wollte er das Paket jetzt noch einmal grundsätzlich aufschnüren. Die entscheidenden gemeinsamen Ziele werden mit dem geplanten Gesetz verwirklicht, allen Schönheitsfehlern zum Trotz. Wird jetzt im Interesse der reinen Lehre allzu prinzipientreu nachverhandelt, dann besteht die Gefahr, daß die SPD eben doch Konsensgespräche mit Oppositionsparteien sucht – mit vorhersehbar schlechterem Ergebnis für Ausländerinnen und Ausländer.

Otto Schily muß allerdings auch tatsächlich zu dem stehen, was er jetzt vorlegt. Die Ankündigung seines Ministeriums, im Zuge der Gesamtreform sollten die neuen Regelungen nochmals kritisch überprüft werden, darf kein verstecktes Signal an die Union sein, es ließe sich doch noch einmal über alles reden, notfalls auch über die doppelte Staatsbürgerschaft. Auf dieser Zusicherung müssen die Bündnisgrünen bestehen. Bettina Gaus