Samurai go West!

■ Original und Kopie: Das Zeise zeigt, wie Akira Kurosawa den Western beeinflußt hat

Akira Kurosawas Werk hat im Westen nicht nur unzählige Regisseure beeinflußt, er selbst galt – gemessen an so strengen Formalisten wie Ozu oder Mizoguchi – sogar in Japan als ausgesprochen „westlich“. So wie seine Epen den japanischen Samuraifilm psychologisierten, er offen den Einfluß John Fords eingestand, wirkte er auf den Western zurück. Rashomon wurde zu The Outrage, Jojimbo diente dem Italiener Sergio Leone als Ausgangspunkt, um in A Fistful Of Dollars den amerikanischen Western einer beispiellosen Dekonstruktion zu unterziehen. Sieht man beide hintereinander, wohnt man dem Dialog zweier Meister bei.

Erst recht gilt das für Die Sieben Samurai von 1954, die 1960 in John Sturges' Die glorreichen Sieben wiederkehrten. Die Sieben Samurai ist ein Fest visueller Kinetik, kalligraphischer Bildoberflächengestaltung und aggresiver Wischblenden, durchsetzt vom Trickser-Humor Toshiro Mifunes, dessen schelmisches Spiel Kurosawas existenzialistischem Humanismus ein unvergeßliches Gesicht verlieh. Es ist eine Zeit sich auflösender Klassenunterschiede, herrenlos umherziehender Krieger und des sozialen Elends. Jedes Jahr nach der Ernte fallen Banditen über eine Siedlung her, bis sich der Dorfälteste entsinnt: Einst hatte man zur Verteidigung Samurai engagiert. Die Bauern haben bei ihren Anwerbungen nichts zu bieten außer einer Schale Reis pro Tag, Gewehre haben bereits die Kriegskunst entwertet, doch bald sind es ihrer dennoch sechs.

Der siebte, Mifune, ein Bauernsohn, ist kein echter Samurai, vielmehr ein liebenswerter, trunksüchtiger Aufschneider, der die Herzen aller schnell erobert und mit seinen Harlekinerien den Kampfgeist stärkt, der Schicksalshaftigkeit der Ereignisse zu trotzen. Nach einem Finale, dessen Montage von Slowmotion- und Teleaufnahmen Sam Peckinpah alle Ehre machen würde, sind die Banditen geschlagen und vier der sieben Samurai tot. Zu gewinnen war in diesem Kampf nichts mehr – allenfalls eine Antwort auf die Frage: „Was ist ein Mensch?“

Wo Kurosawa in einer Welt des Scheiterns immerhin noch das ethische Problem aufwirft, auf welche Seite sich die Ronin schlagen, während die Zukunft vielleicht einer anderen Klasse gehört, interessiert sich John Sturges in seinem visuell konventionelleren Spätwestern Die glorreichen Sieben für einen anderen Aspekt. Zentral in seinem Remake figuriert vielmehr die professionelle Ähnlichkeit der Banditen und Gunmen um Yul Brynner und Steve McQueen über alle Linien hinweg und jenseits aller Moral. „Früher kannte ich sowas auch“, beschreibt McQueen sein Verhältnis zur Gerrechtigkeit. Wie in so vielen Werken aus dieser Krisen- und letzten Blütezeit des amerikanischen Westerns ist auch die Frontier längst keine reale Option mehr – und sowohl in seinem Zynismus wie in seinem Latino-Setting nimmt Sturges beeindruckend viel vom späteren Italo-Western vorweg.

Ob Horst Buchholz allerdings Toshiro Mifune ersetzen kann, muß man selbst entscheiden.

Tobias Nagl

Die sieben Samurai: Mo, 18. + Di, 19. Januar, 22.45 Uhr. Die glorreichen Sieben: Mo, 25. + Di, 26. Januar, 22.45 Uhr, Zeise