Schäuble mußte draußen bleiben

Am Dienstag abend wurde ein geplanter Vortrag des CDU-Vorsitzenden an der Technischen Universität Berlin von aufgebrachten Studenten und Antifas verhindert  ■ Von Jeannette Goddar

Nun wurde auch Wolfgang Schäuble in den Club der verhinderten Redner an Berliner Universitäten aufgenommen. Mit massiver Präsenz, Trillerpfeifen, Buhrufen und Slogans wie „Nazis raus!“ verhinderten mehrere hundert StudentInnen und Mitglieder der Berliner Antifa-Szene am Dienstag abend den Auftritt des CDU-Vorsitzenden im gut besuchten Audimax der Technischen Universität. Schäuble war einer Einladung des Rings Christlich- Demokratischer Studenten (RCDS) gefolgt. Das unverfängliche Thema lautete allerdings nicht, wie es viele gehofft hatten, „Doppelte Staatsbrügerschaft“, sondern „Hochschule in Zeiten der Globalisierung“.

Schon eine Stunde vor dem geplanten Auftritt hatten sich die beiden studentischen Fraktionen vor sämtlichen Eingangen zum Audimax postiert: In Jacketts gekleidete RCDSler mit roten Armbinden, auf denen wahlweise „Ordner“ oder „Einlaß“ geschrieben stand, sicherten den Eingang, um zu verhindern, daß der Saal von den protestierenden StudentInnen, die einem Aufruf der AusländerInnenliste gefolgt waren, gestürmt wurde. Letztere hatten vor den RCDSlern fest geschlossene Reihen gebildet, um zu verhindern, daß die, die gebeten worden waren – „Presse, Professoren, geladene Gäste“ – den Saal betreten konnten. Lange sah es so aus, als würde der CDU-Fraktionsvorsitzende seinen Vortrag vor leeren Rängen halten. Als um kurz nach 18 Uhr der Damm gebrochen war, und selbst die massenhaft eingesetzen Zivilpolizisten, darunter jugendlich wirkende türkische Polizisten, nicht mehr verhindern konnten, daß auf der Bühne massenhaft Transparente ausgerollt wurden, war die Veranstaltung schon so gut wie gescheitert. Mehrere hundert Leute grölten, pfiffen und trommelten, was das Zeug hielt.

Der Vizepräsident der TU, Christian Thomsen, versuchte vergeblich, sich Gehör zu verschaffen. „Herr Schäuble ist gerne bereit, hereinzukommen und mit Ihnen zu diskutieren.“ Das aber wollten die überwiegende Mehrheit der Schäuble-Gegner nicht: „Ich weiß doch, daß er ein Rassist ist“, konterte einer der auf der Bühne Sitzenden. „Es gibt Leute, denen darf man kein Podium zur Verfügung stellen, schon gar nicht an einer Uni, an der jeder fünfte Ausländer ist.“

Das wiederum sah Thomsen, der nicht als Veranstalter, sondern als Hausherr auftrat, völlig anders: „Wir können und wollen an der Universität niemanden aussperren, aber was wollen Sie machen? Wir wollen den Saal auch nicht von der Polizei räumen lassen.“ Konrad Grütter, Landesvorsitzender des RCDS, sprach angesichts des verhinderten Auftritts des Ex- RCDSlers Schäuble von einer „Niederlage der freiheitlich-demokratischen Universität.“

Als der CDU-Vorsitzende schließlich in einem geheimgehaltenen Raum vor 70 geladenen Gästen mit VIP-Tickets erklärte, angesichts der „emotionalisierten Debatte um die doppelte Staatsbürgerschaft“ seien derartige Eskalationen nicht weiter erstaunlich und die Berliner Hochschulen eben immer noch ein bißchen anders als andere, stritt man sich im Audimax bereits um Aktionsformen. Es waren nicht nur die RCDSler, die fanden, daß man „ja gegen die doppelte Staatsbürgerschaft sein und trotzdem mit Schäuble diskutieren kann“. „Was wäre denn gewesen“, flüsterte einer seinem Nachbarn zu, „wenn wir uns einfach in die erste Reihe gesetzt und fünf knallharte Fragen gestellt hätten? Wir sind doch eigentlich gut vorbereitet.“