„Nicht die Hand auf die Bibel legen“

■ Dänischer Fernsehsender legt nach Vorwürfen gegen Radprofi Bjarne Riis auch Indizien für Doping beim Team Telekom vor

Kopenhagen (taz) – Im Dienstag abend vom dänischen Fernsehen ausgestrahlten zweiten Teil einer Doping-Dokumentation (vgl. taz von gestern) geriet neben Radprofi Bjarne Riis nun auch das Team Telekom ins Zwielicht. Enthüllt wurde außerdem, wie das Fernsehen überhaupt an einen Teil des Beweismaterials gekommen war: In Wallraff-Manier hatte ein Journalist sich als Aushilfsmasseur einstellen lassen und diese Gelegenheit benutzt, die Abfalleimer in den Zimmern der Teammitglieder und deren medizinischer Begleiter zu durchzusuchen.

Bezogen sich die bisherigen Doping-Vorwürfe gegen Riis auf seine Zeit beim italienischen Team Gewiss-Ballan, wurden jetzt auch Hinweise auf mögliches Doping im Team Telekom vorgelegt, zu dem Riis vor der Saison 1996 gewechselt war und für die er die Tour de France in diesem Jahr gewonnen hatte. Der konkreteste von den dänischen Journalisten vorgelegte Beweis: eine Ampulle mit EPO- Resten, die man bei Telekom- Masseur Jef d'Hont gefunden haben will.

Brian Holm, der früher für Telekom fuhr und jetzt Sportdirektor von Acceptcard ist, wollte den auf Telekom fallenden Dopingverdacht nicht zurückweisen. Zwar wisse er konkret nichts, er werde sich aber hüten, „die Hand dafür auf die Bibel zu legen“. Eigentlich sei es doch recht positiv, daß man nur eine Ampulle mit EPO-Resten gefunden habe, was seiner Meinung nach beweise, daß Doping hier nicht derart systematisch betrieben wurde wie etwa beim Festina-Team: „Hätte man mehr gefunden, dann hätte Telekom jetzt sicher ausgeschissen.“

Was Festina angeht, wurden in der Dokumentation weitere Einzelheiten über den dortigen Doping-Einsatz bekannt. Festina- Masseur Willy Voet gestand, jahrelang am systematischen Medikamentenmißbrauch beteiligt gewesen zu sein. Er berichtete, daß den Fahrern von Teamärzten eine Salzlösung ins Blut gespritzt worden sei, bevor diese eine Dopingprobe abliefern mußten, um damit die Hämatokritwerte – Anteil der roten Blutkörperchen, anhand dessen EPO-Doping vermutet werden kann – unter den vom Radsportverband gesetzten Grenzwert von 50 Prozent zu drücken.

Bjarne Riis selbst wies noch einmal alle Vorwürfe pauschal zurück. Was nach Meinung der meisten dänischen Medien aber mittlerweile nicht mehr reicht: Er müsse sich konkret mit den Vorwürfen auseinandersetzen und von sich aus nachweisen, welche Blutwerte er tatsächlich in den fraglichen Zeiten gehabt habe, und ob diese große, auf Doping verweisende Schwankungen hatten. Die Tageszeitung Jyllands-Posten: „Er ist nicht irgendein Amateurfahrer, sondern ein Nationalheld. Er ist das Dänemark schuldig.“ Reinhard Wolff