■ Der Pornograph Larry Flynt outet Clinton-Gegner als Sünder
: Ein christliches Werk

„Wer ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein“, sagt die Bibel – „und daß ihr alle Dreck am Stecken habt, das kriege ich schon raus“, ergänzt Porno-Verleger Larry Flynt. Zwar ist es bislang eher harmlos und ein bißchen gezwungen, was Flynt mit seiner Eine- Million-Dollar-Belohnung für Hinweise auf Sex-Affären führender Clinton-Ankläger herausgebracht hat. Doch die Ankündigung, je nach Fortgang des Amtsenthebungsverfahrens gegen Clinton demnächst weitere Betroffene outen zu wollen, löst eine seltsame Unruhe und Aufregung aus, Neugier, eine dumpfe Vorfreude. Ja, das geschieht ihnen recht, was wühlen sie auch in Clintons Privatleben herum?

Ausgerechnet ein Pornograph einigt das Publikum damit auf christliche Einheitswerte von Sünde und der Notwendigkeit der Vergebung, weil eben alle Sünder sind. Der Pornograph, jemand also, den die politische Klasse verabscheuen muß, den genügend Männer jedoch um seinen Job beneiden, stellt sich hin und sagt: Schaut euch doch mal an – und nehmt mich als Spiegel.

Gerade Flynt kann das auch, weil niemand bei ihm eine irgendwie puristische Grundhaltung vermutet. Der Mann macht sein Geld mit kommerziellem Sex – ein medialer Zuhälter mit Millionenumsatz, der seine eigene Abweichung von der herrschenden Moral extravagant feiert. Solange der in der Schmuddelecke bleibt, na schön. Nur hat er jetzt medienöffentlich die gesamte politische Klasse ebendort willkommen geheißen: Und ebendas macht wahre Puritaner nicht nur wütend, sondern regelrecht hysterisch – wie er etwa Sonderermittler Kenneth Starr ob dessen pornographischer Begabung beglückwünschte.

Schon immer haben Politiker und sonstige Prominente, nicht nur in den USA, damit rechnen müssen, daß auch ihr Privatleben zum Gegenstand öffentlicher Berichterstattung wird. Flynts öffentlicher Aufruf zur massenhaften Denunziation ist im Grunde nur ein Stück weitergedreht, was Boulevard-Journalismus schon immer praktiziert hat. Daß das aber möglich wurde, ist die Konsequenz aus dem Vorgehen der Clinton-Gegner im Kongreß.

Seit einem Jahr ist da, mit dem einzigen Ziel, dem Präsidenten zu schaden, alles zusammengeworfen worden, was Kenneth Starr und sein Büro meinten zusammentragen zu können – mit dem Ergebnis, daß das, was als Verfahren wegen sexueller Nötigung begann, mit dem populistischen Triumph eines Porno- Verlegers noch nicht einmal zu Ende ist. Ein miserables Ergebnis. Bernd Pickert