Analyse
: Pseudo-Sparhaushalt

■ Der erste Haushalt von Rot-Grün gleicht fatal dem von Theo Waigel

Wenn sich die rot-grünen Haushaltspolitiker heute von Finanzminister Oskar Lafontaine (SPD) über die Zahlen des Bundeshaushalts 1999 informieren lassen, wird es zwei Gruppen geben. Jene, die schon nach knapp sechs Wochen Reformregierung achselzuckend das Budget Marke Theo Waigel hinnehmen. Und andere, die sich enttäuscht vom „Pseudo-Sparhaushalt“ abwenden. Dabei verkündet Lafontaine den Parlamentariern Unter den Linden in Berlin alles andere als Überraschungen. Es war von vornherein klar, daß es Rot-Grün nicht gelingen würde, sich in Geldfragen allzu schnell vom arg kritisierten „Herrn der Löcher“ (Waigel) abzusetzen. Daß aber die finanziellen Duftmarken derart bescheiden ausfallen würden und der Napoleon von der Saar sich auch rhetorisch kaum vom Kassenwart der Union unterscheidet, läßt wenig Gutes hoffen.

Anders, als Lafontaine es verkündet, ist der Etat für das laufende Jahr nämlich kein Haushalt der „Klarheit und Wahrheit“. Der SPD-Chef hatte bis vor kurzem angekündigt, die lange Liste von Schattenhaushalten seines Vorgängers in das dicke Buch vom Bundesgeld einzustellen. Daraus wird nun aus technischen Gründen nichts. Nur der Erblastentilgungsfonds, der Verstromungsfonds und das Bundeseisenbahnvermögen stehen nun wieder im Etat selbst. Ein Dutzend anderer Posten bleibt weiterhin außerhalb dessen, was dem Bundestag als oberstem Kassenkontrolleur sofort einsichtig ist. Waigel & Co hatten sich dafür – zu Recht – die bittere Klage der ehemaligen Opposition anhören müssen.

Auch die Eckwerte des ersten Budgets von Rot-Grün ähneln stark denen von Schwarz-Gelb. Dem Vernehmen nach liegt der Gesamtumfang bei 470 Milliarden Mark (Waigel: 465 Milliarden). Bei den Einzeletats gelten die Bereiche Bildung/Wissenschaft mit einem Plus von einer Milliarde Mark und der Etat von Arbeitsminister Walter Riester als Zuwachsbereiche. Als die Verlierer der ersten Runde sind der Bauminister und die Grünen anzusehen. Der erfolgreiche SPD-Wahlkampfmanager Müntefering hätte eine Aufstockung des Wohngeldes nötig gehabt, weil durch die Ökosteuern die Betriebskosten der Verbraucher gewiß ansteigen. Die Grünen klagten über die fehlende Förderung regenerativer Energien im Umfang von 300 Millionen Mark. Kaum wahrscheinlich, daß sich die streng gehüteten Zahlen bis zum heutigen internen Verkündungstermin noch ändern.

Auf die wichtige mittelfristige Finanzplanung, die den rot- grünen Weg bis zum Jahr 2003 beschreibt, muß die Nation ohnehin bis zum späten Frühling warten. Erst im Mai, nach der Steuerschätzung, wird Lafontaine darüber Auskunft geben. Es wäre kein Wunder, wenn sich mancher dann erinnerte, was Oskar im Saarland war: pleite. Christian Füller