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: Eine Frau für zwei

Geschlechterstereotypen sind ein Thema von Komödien. Der Macho, der nichts anbrennen läßt, die treu-naive Ehefrau, die ihrem Gatten seinen einzigen Seitensprung großherzig verzeiht. Diese Konstellation lädt ein zu allerhand drolligen Lügengeschichten, Balanceakten des haarscharfen Timings, haarsträubenden Entdeckungen, genüßlicher Rache und schlußendlich beruhigend großer Versöhnung. Und dazu noch jede Menge gepfefferte Dialoge. Josiane Balaskos Eine Frau für zwei ist eine solche Komödie, nur eine Stufe komplexer. Eine dritte Person steigt ganz gewaltig ins Spiel ein, um dem altbekannten Betrugs-Eifersuchts-Spiel eine andere Richtung zu geben.

Laurent und Loli sind ein Ehepaar nach obigem Muster, er Geschäftsmann (“Es wird heute abend später, Schatz, warte nicht mit dem Essen!“), sie Hausfrau, die dennoch nicht mit dem Essen wartet. In Lolis ziemlich unterbelichtetes Leben platzt schließlich Marijo, eine lesbische Mittvierzigerin, nicht besonders attraktiv, dafür forsch und lebenserfahren und immer sehr sensibel. Wegen einer Panne kommt sie ins Haus, bleibt zum Essen und knüpft zarte Bande mit der ob ihrer neuentdeckten Neigungen überraschten Hausfrau. Was zunächst als Freundschaft getarnt bleibt, entdeckt der Ehemann, der sich – ganz Macho – doppelt gehörnt vorkommt. Wie gesagt, es geht um Stereotypen. Dem Donnerwetter folgt bei Loli die Zerknirschung, ihren Mann doch sehr in seiner Männlichkeit getroffen zu haben – bis sie von seinen unzähligen Seitensprüngen erfährt. Und jetzt spielt sie ihr neues Verhältnis nicht zuletzt aus Rache genüßlich aus. Es folgen allerlei Verwicklungen, die nach vielen Enttäuschungen und Selbsterkenntnissen aller Beteiligten in einer Art offenen Viererbeziehung enden.

Zu schade, daß man dem Film häufig allzu deutlich sein höchst lobenswertes Anliegen ansieht. Josiane Balasko müht sich, Geschlechterrollen zu decouvrieren, und fordert dabei das Recht jedes Menschen ein, nach seiner Facon glücklich zu werden. Bei soviel guter Absicht ist sie aber leider über das Ziel hinausgeschossen. Wo immer man hinschaut, wartet der große Ausgleich, die allumfassende Versöhnung. Und am Ende muß man mit Befremden beobachten, daß auch wirklich jede denkbare Konstellation durchgespielt wird, und glaubwürdige Figurenentwicklungen dem Hang zur Political Correctness geopfert werden.

Sven Sonne