Bonn erhöht den Einsatz

Hamburg darf 705 Millionen für Arbeitsmarktpolitik ausgeben, 115 Millionen mehr als geplant. ÖTV stoppt ABM-Dumping-Tarif  ■ Von Florian Marten

Wenn sich heute Kammern, Gewerkschaften, Arbeitsamt und Behörden bei Bürgermeister Ortwin Runde (SPD) versammeln, um die „Hamburger Initiative für Arbeit und Ausbildung“ auf den Weg zu bringen, müssen sie sich um Geld nicht sorgen. Statt der bisher vorgesehenen 590 Millionen Mark (360 Millionen vom Arbeitsamt und 230 Millionen aus der Stadtkasse) können Hamburgs ArbeitsmarktpolitikerInnen in diesem Jahr 705 Millionen Mark ausgeben.

40 der zusätzlichen 115 Millionen stammen aus dem Bonner Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. 75 Millionen, so wurde jetzt bekannt, stellt die Bundesanstalt für Arbeit zur Verfügung.

Dieses Geld gilt es nun sinnvoll zu verteilen. Ein entsprechendes Konzept wird heute von einer Arbeitsgruppe von Behörden und Arbeitsamt vorgelegt. Kernpunkt des Papiers ist es, allen Jugendlichen ohne Lehrstelle, derzeit rund 10.000 an der Zahl, zu einem Ausbildungsplatz und einer Berufsperspektive zu verhelfen.

Darüber, wie das funktionieren soll, gibt es allerdings noch Zoff. Während Arbeitsamt und Behörden auf einer streng regulierten „Fördersystematik“ bestehen, welche den „Jungerwachsenen“ den Lebensweg auf bis zu fünf Jahre vorschreibt, fordern Gewerkschaften und Beschäftigungsträger ein flexibleres Vorgehen, das sich an der individuellen Situation der Jugendlichen orientiert.

Nicht mehr auf der Tagesordnung steht das Vorhaben der städtischen Beschäftigungsgesellschaft „Hamburger Arbeit“, ihren ABM-Beschäftigten unter 25 Jahren nur noch die Hälfte des Tariflohns zu zahlen, also 1500 statt 2800 Mark pro Monat. Denn das „Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit“ basiert nicht nur auf dem vollen ABM-Lohn für Jugendliche, die rot-grüne Bundesregierung zahlt sogar die gesamte Summe. Normalerweise muß die Stadt hier 25 Prozent zuschießen.

Dieses Glück für die Hamburger Stadtkasse und die arbeits- und ausbildungsplatzlosen Jugendlichen hatte bei HAB-Geschäftsführer Detlef Scheele und Uwe Riez, dem Leiter der Abteilung Arbeitsmarktpolitik in der Sozialbehörde (beide SPD), zunächst für tiefe Verärgerung gesorgt. Wurde doch so das Vorhaben der HAB vereitelt, bei unverändertem Finanzvolumen mehr Jugendliche zu beschäftigen.

Die Hamburger ÖTV hatte sich Anfang Dezember sogar schon zu Verhandlungen über den Dumping-Tarif für Jugendliche bereiterklärt. Als die taz auf den offenkundigen Widerspruch des Bundesprogramms zu den Hamburger Dumping-Plänen hinwies (siehe taz vom 14.12.1998), handelte die Gewerkschaft. „Wir haben die Gespräche sofort abgebrochen. Wir können doch nicht in Hamburg ein Programm der Bundesregierung tarifpolitisch konterkarieren“, sagt der stellvertretende Bezirksvorsitzende Wolfgang Rose.

Bis diese Erkenntnis im Hamburger Senat ankam, dauerte es jedoch eine ganze Weile. Erst vorgestern wurde in der Vorlage für die morgige Bürgermeisterrunde der Passus über einen Sondertarif für ABM-Jungerwachsene ersatzlos gestrichen.