Soundcheck

Was sind wir Europäer doch für nörgelige Miesepeter! Da muß offenbar erst einer wie Bobby McFerrin, die Gute-Laune-Ikone aus Amerika kommen, um uns aus unserer verkrampften Steifheit herauszulocken. Und dies, wie es alle schlauen Missionare tun, indem er uns bei unseren eigenen Traditionen packt: Pretiosen aus dem Schatzkästlein der klassischen Musik wollte der schwarze Mann mit der Plumpaquatschfrisur benutzen, uns den Spiegel vorzuhalten.

Klar also, daß es Donnerstag in der Musikhalle weniger um die Werke der großen Meister ging, sondern vielmehr um multikulturelle Gruppenselbsterfah-rung, bewirkt durch die Aura des Cross-over-Gurus. Die musikalische Ausbeute des Abends tendierte jedenfalls gegen Null, die Musiker, allesamt Profis aus den Hamburger Orchestern, nahmen von McFerrins vagem Herumgefuchtel schlichtweg keine Notiz und spulten ihr Easy-Listening-Programm von Mozart bis Beethoven geist- und akzentlos ab. Den Maestro schien es nicht zu stören, er traktierte seine Mitstreiter mit herablassender Kumpelhaftigkeit und das gutwillige Publikum mit endlosen Plattitüden über die Macht und Herrlichkeit der Tonkunst.

Jörg Königsdorf/Foto: jms