Trainingslager für faule Häute

Bürgermeisterrunde startet Initiative für Arbeit und Ausbildung. Kritik von Wohlfahrtsverbänden und Beschäftigungsträgern  ■ Von Florian Marten

Die rund 10.000 arbeitslosen HamburgerInnen zwischen 18 und 25 dürfen sich auf Post aus Bonn freuen: Mit einem persönlichen Anschreiben will SPD-Bundesarbeitsminister Walter Riester sein Sofortprogramm für arbeitslose Jugendliche bekannt machen. Etwas dosierter wollen Hamburgs Sozial-und Arbeitsämter vorgehen: Jeden Monat werden jeweils 200 Jugendliche zu vierteljährigen Trainingsprogrammen eingeladen, in denen sie sich auf eine verbindliche Ausbildungsplanung für bis zu fünf Jahre einlassen sollen.

Diese Einladung ist der Kernpunkt des neuen Aktionsprogramms, auf das sich gestern die Hamburger Initiative für Arbeit und Ausbildung einigte. Nach heftigen Streitereien hinter den Kulissen konnte sich beim nachmittäglichen Treffen von Bürgermeister, Behörden, Arbeitsamt, Gewerkschaften und Arbeitgebern das Arbeitsamt mit seinem Konzept weitgehend durchsetzen.

Arbeitsamtschef Olaf Koglin begeistert: „Das ist das beste Angebot, das ich Jugendlichen je machen konnte.“ Tatsächlich ermöglichen die 40 Millionen Mark aus dem Bonner Sofortprogramm im Verbund mit weiteren Aufstockungen durch das Bundesarbeitsamt eine für Hamburg beispiellose Initiative, Jugendlichen tatsächlich einen Weg zu Ausbildung und Arbeit zu zeigen. Bis zu 3000 „Trainingsmaßnahmen“ und die Vermittlung von 1000 bis 2000 Jungerwachsenen in Arbeit oder Ausbildung, so das ehrgeizige Ziel, könnten noch 1999 durchgeführt werden.

Verweigern die Angeschriebenen das Training, droht ihnen eine Sozialhilfekürzung um 25 Prozent. Den Kritikern der ursprünglich sehr starren Fördersystematik gelang es immerhin, die Vorläufigkeit der getroffenen Vereinbarungen und einen Workshop im April zu vereinbaren, auf dem die Programme mit PraktikerInnen überarbeitet werden sollen. Koglin versprach denn auch, seine Systematik werde „lebensnah“ und „flexibel“ sein. Wohlfahrtsverbände und Beschäftigungsträger hatten vor „Zwangsberatung“, zusätzlichen „Warteschleifen“ und wirklichkeitsfernen Beratungsprogrammen gewarnt.

Der entscheidende Test, da sind sich Kritiker und Befürworter der neuen Systematik einig, wird aber die Realität im Anschluß an die Trainingsprogramme sein: Gibt es dann Ausbildungs- und Arbeitsplätze? Handelskammerpräses Nikolaus Schües hat da ein ganz eigenes Verständnis von Jugendlichen: „Für uns ist ein ganz wichtiger Punkt, daß Jugendliche sich nicht auf die faule Haut legen.“ Ein Aspekt, den auch SPD-Bürgermeister Ortwin Runde zu schätzen weiß: „Das ist eine Hilfe gegen Rumgammeln und Jugendgewalt.“