Von Walter Ulbricht zu Leo Kirch

■ Warum bloß hat Pro7 die einstige DDR-Presseagentur ADN gekauft?

Der Laden hat einiges hinter sich. Dreiundvierzig Jahre war der „Allgemeine Deutsche Nachrichtendienst“ Kernstück in der Propagandamaschine der DDR. „Agitation mit Fakten“ hieß das schöne Schlagwort für die Redakteure, aber manchmal durfte es auch pure Lüge sein. Später kam die Wende, und die Agentur gehörte u.a. dem Effecten-Spiegel-Guru Bolko Hoffmann („Kohls Eurowahn macht uns alle zum Sozialfall“), der sich aber mit der Sache übernahm und sie an den Chefredakteur weiterverkaufte. Trotz aller Wirren ist ddpADN (wie die Agentur seit der Fusion mit Bolkos „Deutschem Depeschendienst“ heißt) immer noch einer der wichtigsten Nachrichtenlieferanten in Ostdeutschland: Viele Regionalblätter und Radiosender beziehen ihre News von der Agentur.

Nun ist der Medienunternehmer Leo Kirch der Nachfolger von Walter Ulbricht und Bolko Hoffmann geworden, jedenfalls indirekt. Der von Kirchs Sohn Thomas kontrollierte Sender verkündete am Donnerstag abend, daß er für „einen einstelligen Millionenbetrag“ ddpADN übernimmt. Damit verschafft sich erstmals in Deutschland ein Nachrichtenverwender einen Nachrichtenlieferanten – wie wenn ein Milchtrinker sich eine Rinderzucht zulegt. Aber was soll das?

„Nachrichten und Informationen sollen künftig eine noch größere Rolle in den Online- und Videotextangeboten der Pro7- Gruppe spielen“, sagte Pro7-Chef Georg Kofler zur Begründung. Pro7 will also News übers Netz liefern; einerseits an alle, wie bei Pro7-online, wo das Geld aber durch die spärlichen Werbeanzeigen wieder hereinkommen muß, andererseits gegen Cash an Firmen und Entscheidungsträger. In der Tat bauen verschiedene Nachrichtenanbieter ihr Online-Angebot derzeit aus, weil sie die News übers Netz für ein Boomgeschäft der Zukunft halten. Dennoch sei das ein „Marktsektor, der im Newsbereich nicht rasant Gewinne zeitigt“, sagt Karl-Hans Sattler skeptisch, der bei der Agentur AFP für Marketing zuständig ist. Das sei allenfalls „ein Wechsel auf die Zukunft“, sagt ein anderer Agenturmann.

Zudem ist Pro7 derzeit ohnehin nicht in der besten Verfassung: Im letzten Jahr ist der Sender bei den Marktanteilen unter 9 Prozent gerutscht, anstatt zweistellig zu werden, wie es Kofler groß angekündigt hatte. Auch bei den Werbebuchungen droht man wieder hinter Sat.1 zurückzufallen. Und der Börsenkurs der Pro7-Gruppe (der auch Kabel1 gehört) hinkt deutlich hinter dem Dax und mehr noch hinter anderen Medienaktien hinterher. lm