Die Front gehört Le Pen nicht

Der Rechtsradikale Jean-Marie Le Pen unterliegt vor Gericht im Streit mit seinem politischen Ziehsohn Bruno Mégret um den Namen Front National  ■ Aus Paris Stefan Brändle

Die Front National ist nicht Eigentum des französischen Parteiführers Jean-Marie Le Pen. Sein politischer Ziehsohn Bruno Mégret hat gestern von einem Pariser Gericht die Erlaubnis erhalten, den Parteinamen ebenfalls zu benützen. Le Pen war selbst an die Justiz herangetreten, um seinem früheren Chefideologen untersagen zu lassen, den Namen Front National (FN) und das Parteilogo – eine Flamme in den Nationalfarben – zu benützen. Die Richter sahen allerdings keinen Anlaß, in den Streit einzugreifen. Mégret sei zumindest Parteimitglied gewesen, urteilten sie, so daß er auch weiterhin das Recht haben müsse, als Vertreter der Front National aufzutreten.

Für Mégret stellt das Urteil einen wichtigen Erfolg dar. Der Herausforderer des 70jährigen Parteichefs will in einer Woche in Südfrankreich einen außerordentlichen Parteitag abhalten, um den Machtkampf ein für allemal zu entscheiden. Die monatelangen Querelen waren Ende 1998 offen ausgebrochen, als Mégret für sich den ersten Listenplatz in den kommenden Europawahlen beanspruchte; Le Pen, der im letzten Jahr noch nicht wußte, ob er selber antreten würde, wollte lieber seine – politisch völlig unbedarfte – Ehefrau Jany auf den Schild heben als seinen 49jährigen Adlatus.

Vor Weihnachten schloß er Mégret und ein Dutzend hochrangiger Anhänger aus der FN aus und besiegelte damit die Spaltung der rechtsextremen Formation. Mégret hatte allerdings als Generaldelegierter zuvor ganze Arbeit geleistet und den Parteiapparat auf seine Seite gebracht. So konnte er problemlos 15.000 Unterschriften von Parteimitgliedern sammeln, um die Einberufung eines Parteikongresses zu verlangen.

Le Pen blockierte den „Mégretisten“ daraufhin aber einfach den Zugang zum Parteisitz westlich von Paris, um die Hinterlegung der Unterschriften zu verhindern; und nachdem Mégret an seinem Kongreß festhält, ließ Le Pen wissen, er habe nicht die Absicht, sich auf eine „Pilgerfahrt nach Liliput“ zu begeben – gemeint war offensichtlich Mégret, der einen Kopf kleiner ist.

Der wiederum freute sich gestern darüber, am nächsten Wochenende einen „richtigen“ FN- Kongreß abhalten zu können. Abzusehen ist, daß es in Frankreich künftig wohl einen „historischen“ und einen „erneuerten“ FN-Flügel geben dürfte.

Bei der Frage des Parteinamens geht es auch um das Parteivermögen und die Frage, ob Mégret die FN-Mitgliederverzeichnisse benutzen darf. Allein der Parteisitz soll 50 Millionen Francs wert sein.

Im Streit der zwei FN-Gewaltigen gibt es jetzt schon einen lachenden Dritten. Die linksstehende Satirezeitschrift Charlie Hebdo hat beim französischen Amt für geistiges Eigentum nämlich unlängst die Bezeichnung Front National für sich registrieren lassen. Le Pen hatte es unterlassen, „seinen“ Parteinamen wie verlangt alle zehn Jahre neu einzutragen. Charlie Hebdo ist ohnehin der Meinung, daß die Front National nie Le Pen gehörte: Schon im Zweiten Weltkrieg habe sich eine Gruppe mutiger Resistance-Kämpfer so genannt; ihnen wolle die Zeitschrift den Namen nun „zurückerstatten“ – als Symbol des andauernden Einsatzes gegen den Faschismus.

Le Pen tat so, als kümmere ihn dieser „Schildbürgerstreich“ gar nicht. Anfang des Monats schickte er allerdings seine Tochter Marine auf das gleiche Amt, um die Kürzel PCF (Frankreichs Kommunisten), RPR (Gaullisten) oder PS (Sozialisten) auf seinen eigenen Namen einschreiben zu lassen.