„In Wolfsburg ein Denkmal setzen“

■ Dietmar Demuth will den FC St. Pauli wieder mehr kämpfen sehen – in aller Freundlichkeit

„Tausche einmal Demuth gegen zweimal Drexler“. Wer das Pech hatte, zu Beginn der achtziger Jahre im Dortmunder Süden die Liebe zum Fußball zu entdecken, dem war ein Panini-Sammelbid des damaligen Leverkusener Verteidigers Dietmar Demuth (Lockenkopf, buschiger Schnäuzer, helles Lächeln) bei weitem lieber als ein Schalker Konterfei. Daß Manni Drexler mal als DFB-Zeugwart mittlere Wichtigkeit erlangen sollte, war ja damals noch nicht abzusehen.

15 Jahre später wird klar: Der Dorian-Gray-Effekt funktioniert bei Fußballbildern nicht. Der neue Co- vom Übertrainer Willi Reimann und Chef vom Co-Co-Trainer Joachim Pipel Philipkowski beim FC St. Pauli hat sich äußerlich verändert. Grau die Haare, stabiler der Körper. Aber sein erfrischendes Lächeln hat der seit vier Tagen 44jährige nicht verloren.

Insgesamt 11 Jahre war der angenehme und freundliche Demuth im Herrenbereich für St. Pauli am Ball, zwei davon in der Ersten Bundesliga. Außerdem hat er die Amateure am Millerntor trainiert, bei denen seine Karriere einst als Torjäger begann. Aber erst als Defensivspezialist ist er in den Achtzigern bekannt geworden, vor allem zwischen 1979 bis 1983, als er für Bayer Leverkusen am Ball war.

„Welches System man im Fußball spielt, ist in der 2. Liga erst mal zweitrangig“, sagt Demuth, „unterklassig gibt's erst mal auf die Knochen, da muß man über den Kampf zum Spiel finden.“ Neidisch auf die heutigen Verdienstmöglichkeiten der Fußballer ist er nicht: „Daß man 20 Jahre zu früh Profi wurde, ist halt Pech. Aber noch eher haben sie ja noch weniger bekommen.“ Er gönnt den Stars das Geld, und dem Showbusiness Bundesliga kann er nur gute Seiten abgewinnen. Nur in Wolfsburg, wo er schon einmal Co-Trainer von Willi Reimann war, „da sollten sie uns eigentlich ein Denkmal setzen“. Das Potential dort sei schlechter als jetzt bei Pauli gewesen, und einige Spieler haben “Willi und ich vom Abstellgleis wieder zurück an die Futtertröge geführt.“

Wie man ihn als Trainer typisiert, ist Demuth egal. „Manche schreiben, ich wär ein Schleifer, dann bin ich halt ein Schleifer.“ Ein Trainervorbild aus seiner aktiven Zeit hat er nicht, „man hat sich bei allen ein bißchen was abgeschaut.“ Ehrlich möchte er zu seinen Spielern sein, geradeheraus und offen. Und auch gegenüber der Öffentlichkeit möchte er seine Natürlichkeit bewahren. Video-Training, wie es Christoph Daum praktizierte, um sich besser zu präsentieren, lehnt der gelernte Starkstromelektriker ab. Die Leute sollen ihn so zu sehen bekommen, wie er ist. „Da gibt es genug Schauspieler unter den Trainern, auf die die Vereine immer wieder hereinfallen, nur weil sie Schlips tragen.“

Mit Fußball Geld zu verdienen war immer sein Traum. „Die Frage, ob ich mal was anderes mache als Fußball, hat sich nie gestellt“. Demuths Leben ist voll auf den Sport ausgerichtet. Für Hobbys bleibt da keine Zeit, nur die Familie. Den beiden Söhnen, 11 und 16 Jahre alt, schaut er manchmal beim Fußballspielen zu.

Daß die Pauli-Fans in letzter Zeit eher zu den Amateuren gehalten haben, hat Demuth geärgert. Der Sieg der Profis über die Amateure beim Ratsherrn-Cup war deshalb wichtig, aber auch für ihn selbst, um nach dem merkwürdigen Hin und Her bei der Reimann-Inthronisation nicht an Boden zu verlieren: „Nichts gegen die von Pipel trainierte Mannschaft, aber da hätt ich mir noch drei, vier Tore mehr gewünscht.“ Patrick Brandenburg