In der Grauzone

■ Luc Bessons "Nikita" - jetzt auch als sinistre TV-Fortsetzungsgeschichte (20.15 Uhr, RTL2)

Strahlende Helden sind Langweiler. Dem Zuschauer bleiben selten Zweifel, daß sie letztlich obsiegen werden. Da bedarf es schon besonderer Attraktionen, um sich bereit zu finden, ihnen 45 Minuten lang bei der Arbeit zuzuschauen.

In US-Fernsehserien jüngeren Datums sind strahlende Helden inzwischen rar. Oft wird das Großreckentum – wie in „Hercules“ – dem Gelächter preisgegeben. In ernsthaften Serien hingegen müssen die Hauptfiguren allerhand erdulden, ein Moment, das von den schicksalsschlagträchtigen Soap- operas übernommen wurde. Früher hätte es das nicht gegeben, daß ein wackerer Polizist Selbstmord begeht („Homicide“), ein überlegener Serienmörder die Heldin dauerhaft in die Defensive zwingt („Profiler“), ein Publikumsliebling gar von einer üblen Krankheit heimgesucht wird („Akte X“).

Auch die seit 1997 produzierte Serie „Nikita“ setzt auf Empathie. Die Charaktere entstammen Luc Bessons gleichnamigem Film, die Ausgangssituation ist eine andere. Hier gerät Nikita unschuldig in die Mühlen der Justiz, wird aufgrund des ihr zur Last gelegten Verbrechens für eine seelenlose Mörderin gehalten und von einem ominösen Geheimdienst namens „Sektion 1“ rekrutiert.

Nach einer zweijährigen Ausbildung darf sie den Schulungsbunker verlassen, muß aber jederzeit für Aufträge verfügbar sein. Verweigert sie den Dienst oder wird sie den in sie gesetzten Erwartungen nicht gerecht, droht ihr die Auslöschung. Für Nikita beginnt ein heikler Balanceakt. Entgegen den Annahmen ihrer dunklen Auftraggeber wird sie von Skrupeln gebremst. Der Leiter der Sektion begegnet ihr deshalb mit Skepsis. Ob und wie sie sich treu bleibt und dennoch in einem System totaler Kontrolle überlebt, ist durchgängiges Thema der Serie, deren einzelne Episoden kein ungetrübtes Happy- End bereithalten. Die Stimmung bleibt düster, das Klima frostig. Emotionale Ausbrüche sind rar, und wenn sie sich ereignen, werden sie oftmals als Lügen entlarvt.

Es hätte nahegelegen, aus der Vorlage eine Serie – nach dem Muster „Charlies Engel“ als Killerelite – zu formen. Ausgeprägte visuelle Reize sind vorhanden, wirklich interessant aber wird die Fortsetzungsgeschichte erst durch ihre diversen Subtexte. Die zu erschließen setzt eine Ausstrahlung in korrekter Reihenfolge voraus. Leider läßt RTL2 in dieser Hinsicht seit je wenig Sorgfalt walten. Harald Keller