Harte Hand gegen Fixerstuben-Betreiber

■ Bremer Staatsanwalt beantragt Strafbefehl gegen ein Mitglied vom Verein für akzeptierende Drogenarbeit / Rechtsexperten sprechen von einem bundesweit einmaligem Vorgang

Während in Bonn die Legalisierung von Gesundheitsräumen vorbereitet wird, geht Bremen mit harter Hand gegen die Betreiber von „Fixerstuben“ vor: Die Staatsanwaltschaft beantragte jetzt einen Strafbefehl gegen ein Mitglied des Bremer „Landesverbands für akzeptierende Drogenarbeit“, das 1998 die Aktion „Bremer Fixerstübli“ organisiert hatte. Rechtsexperten sprechen von einem „bundesweit einmaligen Vorgang“: Bislang wurden sämtliche Ermittlungsverfahren wegen unterschiedlicher Rechtsauffassungen zum Betäubungsmittelgesetz sang- und klanglos eingestellt.

Bremen fahre da „eine ganz knallharte Linie“, sagt Lorenz Böllinger, Professor für Strafrecht und Leiter des Instituts für Drogenforschung an der Bremer Universität. Der harte Kurs begann vor einem Jahr mit einer Drohgebärde von Innensenator Ralf Borttscheller (CDU): Er ließ den von „akzept“ zum „Fixerstübli“ umgebauten Wohnwagen bei einer Aktion als Tatwerkzeug beschlagnahmen. Drei Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz wurden eingeleitet. Doch statt die Verfahren wie bundesweit üblich einzustellen, schwenkte die Staatsanwaltschaft auf die harte Linie ein.

Der nun beantragte Strafbefehl wäre laut Professor Böllinger in anderen Städten nicht denkbar: Seit Jahren existieren in Frankfurt und Hamburg schon offizielle Gesundheitsräume. Dort habe man sich aber ganz im Gegensatz zu Bremen zwischen Staatsanwaltschaft, Justiz- und Gesundheitsbehörde auf ein „Stillhalteabkommen“ geeinigt: „Das heißt, man verzichtet auf Verfahren“ – wegen des jahrelangen Juristenstreits, ob Gesundheitsräume nun zum Drogenkonsum verleiten oder aber Todesfälle beim Fixen auf dem Bahnhofsklo vermeiden helfen. Eine Streitfrage, die Hamburg noch vor Monaten höchstrichterlich klären lassen wollte. Wegen der neuen Drogenpolitik der rot-grünen Bundesregierung hat man davon aber längst Abstand genommen.

Kurioserweise freut man sich deshalb in Bremen über den beantragten Strafbefehl: „Wir wollen ja gerade erreichen, daß die unterschiedliche Bewertung des Betäubungsmittelgesetzes endlich ein Ende hat“, heißt es bei „akzept“. Es müsse Rechtsklarheit geben. Und das ganz unabhängig davon, wann das Bundesgesundheitsministerium gesetzlich den Weg für Gesundheitsräume freimacht. „Es ist politisch gut, die Dinge einmal ganz durchzufechten und die Kontroverse durchzuarbeiten“, meint auch Strafrechtsprofessor Böllinger.

Die Stoßlinie lautet deshalb: Wenn das Bremer Amtsgericht dem Antrag auf Strafbefehl tatsächlich stattgibt, will der Betroffene Widerspruch einlegen. Nur so kann er ein ordentliches Gerichtsverfahren bis hin zum Verfassungsgericht anstrengen. Denn laut Gesetz sieht ein Strafbefehl keine Verhandlung vor, sondern „nur“ eine festgesetzte Geldstrafe. Der Strafbefehl entspricht dabei einem rechtskräftig gesprochenen Urteil.

In der Bremer Staatsanwaltschaft sieht man sich weiter auf der sicheren Seite: Der Strafbefehl sei ergangen, „weil es im Gesetz steht“, sagt Staatsanwalt Prange. In seinem Antrag geht er unter anderem auf einen Bremer Landgerichtsbeschluß vom vergangenen Jahr ein: Das hatte nach einer Beschwerde von „akzept“ gegen die Beschlagnahme des Wagens Folgendes geurteilt: Weil der Bus nur ein privates Provisorium war, sei er nicht mit den offiziellen Räumen in z.B. Frankfurt vergleichbar. Deshalb bedürfe es keiner grundsätzlichen Klärung zum Thema. „Diese Erklärung zeigt doch: Es gibt einen großen Spielraum, wie man das geltende Recht auslegen kann“, sagt der Strafrechtler Böllinger zum vieldeutigen Statement, auf das sich auch der Staatsanwalt, beruft „Deshalb plädiere ich ja gerade für ein klärendes Verfahren“, sagt der Professor. Katja Ubben