Ein Stadtteil schreibt auf

Hafenkrankenhaus-Initiative startet erste Volkspetition in Hamburg  ■ Von Judith Weber

Zehntausend sind kein Problem. Nicht auf St. Pauli, und nicht, wenn es um das ehemalige Hafenkrankenhaus geht. Nein, sagt Jens Körner von der Initiative Ein Stadtteil steht auf, „die Unterschriften zusammenzubekommen, wird nicht allzu schwer werden“.

Tatsächlich dürfte im Stadtteil so ziemlich jedeR das Papier unterzeichnen, das Mitglieder der Initiative ab heute herumreichen und in Geschäften auslegen. „Für das ganze Gesundheitszentrum St. Pauli“ steht fett gedruckt darauf, und dann, in kleineren Buchstaben, die große Bitte an die Hamburger Bürgerschaft: Sie möge dafür sorgen, daß auf dem Gelände des Hafenkrankenhauses ein Gesundheitszentrum entsteht, das diesen Namen verdient. Eines mit 26 Betten für stationäre Behandlung. Mit einem Zentrum für Folteropfer und mit betreuten Altenwohnungen. „Der Senat“, heißt es in dem Papier, „muß dafür sorgen, daß keine Einrichtungen auf der Strecke bleiben.“

Unterschrift, Adresse und Geburtstag darunter, und fertig ist der Beitrag zur ersten Volkspetition in der Geschichte Hamburgs. Seit Weihnachten 1996 ermöglicht es ein Gesetz den HanseatInnen, auf diese Weise Bitten oder Beschwerden an die Bürgerschaft heranzutragen. Voraussetzung sind 10.000 Unterschriften – rund 3000 mehr, als im Bezirk Mitte für ein Bürgerbegehren nötig wären. Sind die gesammelt, muß sich ein Ausschuß des Parlaments mit dem Anliegen beschäftigen. Der Vorteil gegenüber einem Bürgerbegehren: „Die Ausländer im Stadtteil können sich beteiligen“, sagt Ini-Mitglied Günter Pingel. Auch wer keinen deutschen Paß hat, darf die Petition unterschreiben. Erforderlich ist nur ein fester Wohnsitz in Hamburg.

Die Petition soll Bewegung bringen in den vorankriechenden Realisierungsprozeß für das Gesundheitszentrum. Und sie soll helfen, „wieder ein bißchen Druck zu entwickeln“, wie Jens Körner erklärt. Am 3. Februar jährt sich die Besetzung der Station D zum zweiten Mal, und die meisten Einrichtungen und Angebote im Gesundheitszentrum in spé sind lediglich locker geplant.

Die wenigen, die konkret bevorstehen, kommen ironischerweise gerade der Initiative in die Quere. Nach dem vorläufigen Grundstücks-Belegungsplan soll sie Ende Februar die Station D räumen, um Platz zu machen für den Hafenärztlichen Dienst und die Nautikerschule. Die Ini soll dann neue Räume auf dem Gelände nutzen.

Mit diesem Umzug dürfte auch die Obdachlosen-Betreuung enden, die die Initiative derzeit anbietet. Zwar ist das Projekt erfolgreich – täglich kommen rund 100 Menschen –, aber es wird durch ein anderes abgelöst. Die Gesundheitsbehörde plant auf dem Gelände am Zirkusweg eine Krankenstube für Wohnungslose. Und die, bestätigte gestern Sprecherin Petra Bäurle, „kommt auf jeden Fall“.

Demonstration mit Fackelzug und Trommeln zum Jahrestag der Besetzung: 3. Februar ab 17 Uhr. Party ab 19 Uhr, Station D.