■ Pampuchs Tagebuch
: Software gegen Sauerkraut

Eine meiner segensreicheren Nebenerwerbstätigkeiten besteht darin, daß ich für das Bayerische Fernsehen das verantwortungsvolle Amt eines Untertitelers versehe. Ich bin ein Überzeugungstäter: Die Geißel der Synchronisation (die deutsche Rache an den Alliierten) hat in unserem Lande viel Schaden angerichtet – auch wenn sie zugegebenermaßen vielen Schauspielern ein Zubrot verschafft. Doch das bezahlen wir damit, daß wir Humphrey Bogart fast nur in O.E.-Hassisch kennen und die guten alten Monty Pythons neuerdings im Fernsehen schwäbeln.

Aufgrund der Lesefaulheit des Fernsehpublikums im Verein mit der von den Privaten übergreifenden Quotengeilheit ist die Tendenz, gute Filme im Original zu zeigen, auch bei den Öffentlich-Rechtlichen rückläufig. Dabei sind Untertitel ein Gebot der Stunde – wie anders soll das Haus Europa zu einer freudigen Gemeinschaft zusammenwachsen, wie der Globus zusammenrücken, wenn nicht durch ein polyglottes (UT-gestütztes) Fernsehprogramm? Mit den ewigen Sauerkrautversionen kann das nichts werden.

Softwaretechnisch ist das edle Handwerk inzwischen auf internationalem Stand. Bei meinen ersten Filmen (wozu ich stolz eine sehr kompakt untertitelte Originalversion von Laurence Oliviers legendärer Othello-Inszenierung zähle) mußte ich die jeweiligen „Timecodes“ für „in“ und „out“ eines Titels noch mühsam aufschreiben. Arme Grafiker durften dann das Ganze noch einmal abtippen und nach meinen Direktiven eingeben: „Die Sache will's“ – rein bei 2h, 37min, 16sec, 4 Bildern, raus bei 2h, 37min, 18sec, 15 Bildern.

Seit ein paar Jahren aber gibt es das Programm „captionmaster“. Nun kann ich meine damit zu Hause kreierten Titel im Studio mit einem sanften Knopfdruck butterweich zum laufenden Film „timen“. Die netten Menschen von der Technik überspielen dann diese Titel auf das Sendeband (und freuen sich tierisch über jeden Kommafehler, den sie aber brav korrigieren).

Gewiß, auch captionmaster hat seine Tücken. Noch erscheinen die Titel beim „Timen“ nicht direkt auf dem Film. So kann erst bei einer gesonderten „Review“ geprüft werden, ob sie richtig sitzen. Manchmal verhaspeln sie sich. Dann heißt es korrigieren, verschieben, vor allem aber immer wieder „dichten“, das heißt kürzen. Doch wie groß ist die Freude, wenn sie sich dann elektronisch sanft, mit lesefreundlicher „Borderline“ und kleinem „Shadow“, wie von Geisterhand gemalt, nicht zu kurz und nicht zu lang, an das fremdländische Idiom anschmiegen, wenn sie unaufdringlich ihre selbstlose Arbeit leisten, nicht über den Schnitt laufen, und wenn Montgomery Clift oder Jeanne Moreau, wiewohl in ihrer eigenen Sprache redend, mit einem kurzen Blick – und nur ein ganz kurzer Blick darf es sein – mühelos zu verstehen sind!

Solange die Phase der verordneten Xenophonophobie in der Spielfilmredaktion (die das selber beklagt) anhält, verdinge ich mich bei den weltläufigen Kollegen der Dokumentarfilmabteilung. Die brauchen immer wieder mal englische Untertitel für ihre internationalen Versionen. Wer hat schon das Privileg, die Erfahrungen einer Phnom Penher Tempeltänzerin aus dem Kambodschanischen mundgerecht ins Englische zu übertragen? Untertitel bilden. Manchmal kommt es vor, daß ich zutiefst Dokumentarisches aus dem Bayrischen oder sonstigen südlichen Dialekten hochdeutsch untertiteln muß. Spätestens da müßten zumindest die Nordlichter einsehen, daß sie ohne meinen „captionmaster“ ganz schön abgeschnitten wären von der Welt. Thomas Pampuch

ThoPampuch@aol.com