Wahlversprechen trickreich gehalten

Lafontaine stolz wie Oskar auf die Erhöhung der Ausgaben für Kinder, Arbeit und Bildung. CDU fordert ihn auf, den Vorwurf der Erblasten Theo Waigels zurückzunehmen. FDP: „Trippelschritte“ nützen nichts  ■ Aus Bonn Markus Franz

Bundesfinanzminister Oskar Lafontaine (SPD) wollte das gestern vorgelegte Budget des Bundes für 1999 unter folgendes Motto gestellt sehen: „Versprochen – gehalten“. Wichtige Wahlversprechen wie Kindergeldanhebung, Senkung des Eingangssteuersatzes, Ausbildungsprogramm für Jugendliche seien verwirklicht worden, sagte er.

Die Union sieht das ganz anders. Sie warf dem Finanzminister „Buchungstricks“ vor. Ohne die „Mitgift“ seines Vorgängers Theo Waigel hätte Lafontaine einen verfassungswidrigen Haushalt vorgelegt, sagte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Dietrich Austermann. Lafontaine kann Privatisierungserlöse von rund zehn Milliarden Mark in seinen Etatentwurf einstellen, die Waigel nicht realisierte. Austermann meinte daher, Lafontaines wochenlange Vorwürfe angeblicher Erblasten der alten Regierungskoalition würden als absurd entlarvt.

Der CDU-Haushälter kritisierte außerdem, daß Lafontaine 14 Milliarden Mark mehr aus Privatisierungserlösen veranschlagt habe als Waigel. „Hier verscherbelt einer das Tafelsilber.“

Wie berichtet, sieht die Etatvorlage Ausgaben von 488 Milliarden Mark vor. Im Vergleich zum vorläufigen Haushaltsabschluß 1998 steigen die Ausgaben somit rechnerisch um 6,8 Prozent. Die investiven Ausgaben betragen 58,2 Milliarden Mark und liegen damit um zwei Milliarden unter den neuen Schulden (56,2 Milliarden).

Lafontaine räumte ein, daß eigentlich ein strikter Sparkurs notwendig sei – weil die Ausgaben des Staates strukturell 20 Milliarden Mark über dessen Einnahmen liegen. Wegen der konjunkturellen Lage komme dies aber zur Zeit nicht in Betracht. Es wäre falsch, so Lafontaine, in der jetzigen Situation die Konjunktur durch Einsparungen oder Steuererhöhungen weiter zu beeinträchtigen. Er nannte den Haushaltsplan „stabilitäts- und konjunkturgerecht“. Die wachstumsstärkenden Maßnahmen des Bundeshaushaltes würden dazu beitragen, die wirtschaftliche Dynamik wieder zu stärken. Mehrausgaben verzeichneten vor allen anderen die Einzeletats Bildung/Wissenschaft und Arbeit/Sozialordnung mit dem Rekordbetrag von 173,3 Milliarden Mark. Das sind 26,2 Milliarden Mark mehr als im Ansatz für 1998.

FDP-Chef Wolfgang Gerhardt forderte die Regierung auf, Konsequenzen aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur steuerlichen Besserstellung von Eltern zu ziehen. Nicht „Trippelschritte“ seien jetzt gefragt, sondern eine radikale Steuersenkung, die wirklich Beschäftigungsimpulse gebe. Lafontaine schätzte die Kosten des Karlsruher Urteils auf etwa 22 Milliarden Mark, wovon etwa zehn Milliarden der Bund zu tragen hätte. Das Urteil wirke sich aber noch nicht auf den 99er Etat aus. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD, Wilhelm Schmidt, schloß aus, daß nun die Mehrwertsteuererhöhung wieder zur Debatte stehe. Die Grünen sowie einige SPD-Abgeordnete wie die Finanzexpertin Ingrid Matthäus-Maier sind dafür, das Ehegattensplitting abzuschaffen. Lafontaine warnte aber davor, daß Karlsruhe sein Veto einlegen könnte. Der SPD- Abgeordnete Detlev von Larcher schlug zur Kompensation die Wiedereinführung der Vermögenssteuer vor. Bericht Seite 14