Bremer Haus soll Feldmark retten

■ Agenda 21 machte Vorschläge zum Bremer Wohnungsbau: Was aber passiert, wenn die Leute Einfamilienhäuser wollen?

Kaum eine Bremer Katze, die sich in der Wohnungspolitik nicht in den Schwanz beißt. Verfangen in den Double binds von Markt, Plan und Bedürfnissen entstehen Stadtentwicklungskonzepte und Bürgerinitiativen – und mittendrin sitzt Bremens Agenda 21 und sucht verzweifelt nach einem Ausweg. „Was wollen wir nun eigentlich?!“ – Barbara Loer, Mitglied der AG „Leitbild“ verlor da am Mittwoch als Diskussionsleiterin schon mal die Contenance: „Wollen wir nun in Kauf nehmen, daß die Leute ins Umland ziehen oder wollen wir dann doch lieber den einen oder anderen Flecken in Bremen zubauen, damit sie bei uns bleiben?“

Geladen hatte der Runde Tisch der Agenda 21, um dem Bausenator beim Wohnungsbau in die nachhaltigen Puschen zu helfen. Für rund 40.000 Neubremer, so hatte Bausenator Bernt Schulte (CDU) in seinem Stadtentwicklungskonzept (STEK) von '98 angekündigt, müsse Bremen künftig Lebensraum schaffen. Im jetzt schon halbversiegelten Bremen bedeutet das: Bauen auf den letzten grünen Wiesen. „Wachstum, Wachstum, Wachstum“, darauf basiere das ganze Konzept, wirft man Schulte in der Agenda 21 vor. Und trotzdem habe die Stadt zwischen 1985 und 1996 30.000 Einwohner verloren. „Ist doch klar“, drehte Claus Aumund-Kopp von der Bürgerinitiative Osterholzer Feldmark an der senatorischen Zwickmühle: „Wenn die uns die Feldmark zubauen, kann ich Ihnen heute schon 35 Familien aufzählen, die stante pede ins Umland ziehen.“

Mit alternativen Stadtgesprächen wollen die Agenda-Agenten dem Senator deshalb ein paar Vorschläge für eine nachhaltige Bremer Stadtentwicklung diktieren.

„Bremer bleiben in Bremen“ – Schluß mit der Abwanderung ins niedersächsische Grünland! – darüber zwar war man sich am Mittwoch auch mit dem Bausenator weitgehend einig. Die Alternative aber heißt: Verdichtetes Wohnen im Bremer Reihenhaus.

In zwei unbedingt affirmativen Vorträgen präsentierte Carsten Meyer von der Bremer Beratungsstelle Ubus (Umweltgerecht bauen und sanieren) als geladener Referent die Vorzüge des Dichterlebens im guten, alten Bremer Haus: Innenstadtverdichtung in 2.500 Baulücken, Vorgärtenfotos (mit Opa), solarfreundliche Wintergärten, Imagegewinn bis in die Süddeutsche Zeitung, sozialdurchmischt kurze Wege. Das Bremer Haus – auch eine Neubau-Alternative: Von den Häfenquartieren bis in die Hastedter Kleingärten.

40.000 Neubremer würden da kaum Platz drin finden, merkte Detlef Schobeß von der Bremer Baubehörde an, gab aber für das STEK noch Diskussionsbedarf hinsichtlich Reihenbauweise zu. Auch Meyers Co-Referent Rainer Greiff vom Darmstädter Institut für Wohnen und Umwelt setzte in seinen Vorträgen aufs Reihenhaus und unterstrich, daß sowas heute schon für lumpige 1.728 Mark Mehrkosten im Niedrigenergie-Standard zu haben ist. Mit seinem lakonischen Realismus brachte er das Publikum gleichwohl zur Raserei: „Die Leute wollen trotzdem ihr Einfamilienhaus. Wenn es das nicht gibt, dann ziehen sie eben ins Umland. ritz