Große Koalition verwehrt PDS Richtersitz

■ SPD und CDU wollen der PDS keinen Sitz am Landesverfassungsgerichtshof zugestehen. Grüne und selbst ein Verfassungerichter warnen vor dem Ausschluß der "demokratisch legitimierten Partei" bei der R

Neun Jahre nach dem Mauerfall spielen SPD und CDU immer noch Kalter Krieg. Mit ihrer Zweidrittelmehrheit im Abgeordnetenhaus will die Regierungskoalition um jeden Preis verhindern, daß die PDS einen Sitz am Berliner Verfassungsgerichtshof bekommt. Nicht nur die PDS auch Bündnis 90/ Die Grünen sind vehement dafür. Unterstützung erfährt die Opposition von höchst kompetenter Seite: Der Verfassungsrichter Klaus Eschen (SPD) warnt davor, die demokratisch legitimierte, im Parlament vertretene PDS aus dem Richtergremium auszugrenzen.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof besteht aus neun ehrenamtlichen Richtern, davon müssen mindestens drei Frauen sein. Am 26. März endet die turnusgemäße Amtszeit von fünf Richtern. Die Nachfolger werden vom Abgeordnetenhaus mit Zweidrittelmehrheit gewählt. Jede der im Parlament vertretenen Parteien kann eigene Kandidaten aufstellen, einen Rechtsanspruch auf einen oder mehrere Sitze in dem Gremium gibt es jedoch nicht. Bei der ersten Wahl des Verfassungsgerichtshofs 1992 hatte sich das Parlament darauf verständigt, bei der Besetzung des Gerichts nach dem d'Hondtschen Zählverfahren vorzugehen. Die CDU bekam demnach fünf Sitze und trat einen davon an die damals noch im Parlament vertretene FDP ab. Die SPD erhielt vier Sitze, einer davon ging an Bündnis 90 /Die Grünen. Die PDS blieb außen vor, obwohl sie viertstärkste Partei vor der FDP war. Bei Zugrundelegung des Wahlergebnisses von 1995 stünden der CDU nach d'Hondt im Verfassungsgerichtshof vier Sitze zu, der SPD drei und PDS und Grünen jeweils einer.

Die FDP ist seit 1995 nicht mehr im Abgeordnetenhaus vertreten und die PDS zur drittstärksten Partei aufgerückt. Das hindert SPD und CDU aber nicht daran, mit ihrer Ausgrenzungspolitik fortzufahren. „Die SPD-Fraktion wird keinen Kandidaten der PDS in den Verfassungsgerichtshof wählen“, betont die SPD-Abgeordnete Kerstin Flesch. „Wir sind hier nicht in Mecklenburg-Vorpommern. Die PDS ist keine kooperationsfähige Partei.“ Der innenpolitische Sprecher Hans-Georg Lorenz (SPD) ergänzt: Die Wahl eines PDS-Kandidaten käme schon allein deshalb nicht in Betracht, weil die CDU dies sonst im Wahlkampf als Indiz dafür ausschlachten würde, „daß wir auf dem Wege zu einer Tolerierung durch die PDS sind“.

Auch die CDU will für einen PDS-Kandidaten nicht den Finger heben. „Das wäre eine verfassungspolitische Ungeheuerlichkeit“, meint der CDU-Abgeordnete Joachim Bohm. Denn eigentlich müsse der gesamte PDS-Landesverband wegen „verfassungsfeindlicher Bestrebungen“ vom Verfassungschutz beobachtet werden. Dies geschehe nur nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit. Keinesfalls dürfe ein PDS-Vertreter in einem Gericht sitzen, „das die Verfassung schützen soll“.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Renate Künast, kann bei solchen Reden nur den Kopf schütteln. Aufgabe des Gerichts sei nicht, die Verfassung zu schützen, sondern zu prüfen „ob SPD und CDU verfassungsgemäß arbeiten“. Laut Künast gebieten es „die demokratischen Spielregeln“, der PDS einen Sitz im Verfassungsgericht zu geben. Auch die PDS meint, daß ihr ein Sitz zusteht. „Das ist eine Frage der parlamentarischen Kultur“, so ihr rechtspolitischer Sprecher Michail Nelken.

Rückendeckung bekommen Grüne und PDS von keinem geringerem als dem Verfassungsrichter Klaus Eschen (SPD), dessen Amtszeit im März ausläuft. „Die Ausgrenzung von demokratisch legitimierten, im Parlament vertretenen Parteien, könnte die Autorität des Verfassungsgerichtshofs beschädigen und seine Akzeptanz mindern“ befürchtet Eschen. Die PDS auszugrenzen würde bedeuten, das Wählervotum in Stimmen der ersten und zweiten Klasse zu unterteilen. Plutonia Plarre