Die Sowjetunion und der Zionismus

Seit 1968 befaßte sich eine ganze Abteilung der Akademie der Wissenschaften auf Geheiß des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei der Sowjetunion (KPdSU) mit der Erforschung des Zionismus.

Diese Kommission „enthüllte“ etwa, daß jüdische Wallstreetbanker schon in den zwanziger Jahren eine „braune Internationale“ unterstützt hatten. Und in den Trotzkisten, die in den dreißiger Jahren der ersten großen Säuberungswelle Stalins zum Opfer gefallen waren, entlarvte man deren angebliche Handlanger.

Der Gründung des Staates Israel Ende der vierziger Jahre stand Stalin zunächst positiv gegenüber. Doch schon bald stellte die offizielle Sowjetdoktrin dem sogenannten reaktionären Israel die fortschrittliche Klasse des Arabertums gegenüber. Der Zionismus sollte bald gar als der universelle Drahtzieher sämtlicher Verbrechen gegen die Menschheit dargestellt werden.

Einen Monat nach dem Junikrieg 1967 hatte KPdSU-Chef Leonid Breschnew bereits den Startschuß zu einer großangelegten Antizionismuskampagne abgefeuert. Israel wurde beschuldigt, „die Verbrechen der Naziangreifer nachahmen zu wollen“. Notdürftig zwängte man den Konflikt in ein marxistisches Theoriekorsett.

Selbstverständlich waren es auch zionistische Kräfte, die 1968 an der Spitze der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei (KPC) den Prager Frühling entfachten. Doch damit nicht genug: Die sowjetische Wissenschaft sammelte Beweise einer vermeintlichen Kollaboration zwischen Faschisten und Zionisten.

Hitler wurde so unversehens zu einem Ziehsohn Theodor Herzls. Sogar der Holocaust erschien in dieser Verschwörungskonstruktion als ein Komplott, an dem die Zionisten selbst beteiligt waren.

Im Kampf gegen das zu einem Mythos geronnene „zionistische Israel“ verschmolzen auch Marx und Mohammed zu einer Einheit, während der Antizionismus es gar zu einem irreführenden Synonym des proletarischen Internationalismus brachte.

An dieses Weltbild versuchen die entmachteten Kommunisten heute auf der Suche nach einer Formel anzuknüpfen, die die Massen ergreift und mobilisiert, um dem gestrauchelten Land die Supermachtrolle zurückzuerobern – in dieser Frage einig mit den bekennenden Faschisten. khd