Kein Pornomagazin

■ Der Voyeur, eine Zeitschrift von Jugendlichen für Jugendliche, will Bremen erobern

Anzeigenkunden reagieren irritiert. Ist der „Voyeur“, der sie da um ihre Werbegelder angeht, ein Schmuddelmagazin? Wo der Verlag auch noch „P§rtners“ heißt? Solche Verwechslungen soll es in Zukunft nicht mehr geben, hoffen die Macher der Zeitschrift, die sich seit anderthalb Jahren in Niedersachsen ausbreitet und nun mit Bremen auch die erste echte Großstadthürde nehmen will.

Beim „Voyeur“ handelt es sich um ein Blatt von Jugendlichen für Jugendliche, wie Mitherausgeber Dominik Lorenzen (21) versichert. In Orten wie Hameln oder Stade, wo alles begann, hat der farbig auf Din-A-4-Zeitungspapier gedruckte „Voyeur“ als „Low-Budget-Projekt“ einen „underground touch“, versichert der Student. Und auch in Osterholz-Scharmbeck, wo Alexander Braun seit einem halben Jahr die Redaktion für den Landkreis leitet, bestehe „ein Bedarf“, etwas für Jugendliche zu machen. Außerdem erscheint der „Voyeur“ alle drei Monate auch in Oldenburg, Hildesheim und Celle. Die Auflage hat die 100.000 erreicht, die an Schulen verteilt und in Kneipen, Discos und Jugendzentren ausgelegt wird.

Aber: Geld verdienen die jugendlichen Schreiber, Redakteure und Layouter nicht. „Wir haben mal erwogen, uns einen Studentenlohn von 600 Mark im Monat auszuzahlen“, sagt Dominik Lorenzen, „aber letztendlich stecken wir das, was wir etwa in Stade erwirtschaften, lieber in neue Redaktionen“. Sein Traum: Wenn er aussteigt, soll der „Voyeur“ weiterleben. Bei einer Altersstruktur zwischen 14 und Ende 20 kommt der Absprung zwangsläufig und ist gewünscht: Das Blatt will auch Steigbügel in die Medienbranche sein.

In Bremen haben die Voyeure sich professionelle Hilfe gesichert. Ulf Buschmann vom Medienkontor Vegesack fungiert für die Nullnummer als Chefredakteur. Die Arbeit soll aber Schritt für Schritt in die Hände der Jugendlichen übergehen. Ein Redaktionsteam von 15 Leuten ist beisammen.

Was sind also die Themen, die Jugendliche bewegen, wenn sie selber schreiben dürfen? Nach der ersten Bremer Ausgabe ist das wegen des Mangels an jugendlichen Autoren schwer zu sagen. Titelstory ist die Schließung der Bremer Schulzentren, auch der Wettbewerb „Jugend forscht“ kommt vor, kurze Worte zur Bebauung des Haaven Höövt und allerlei Tips über Berufswahl, die Sex-Aufklärung bei Pro-Familia und das Nord-Bremer Rapperinnen-Duo Mutlu. Der Rest ,kommt aus der Zentralredaktion: Ein Bericht aus Rußland, ein Fotoprojekt von Straßenkindern, wenig underground-mäßige Plattenbesprechungen (Westernhagen, R.E.M., Culture Club usw.), zwei Kolumnen von Kumpels aus Berlin und München und ein für jede Stadt mit neuen Namen gefüllter Single-Report „Einer ist deiner“ mitsamt Chiffre. fog