Jüdische Kultur in Bremen
: Verborgenes Leben

■ Eine Führung durch Bremens jüdische Geschichte von Rosenblum bis Heine

Heinrich Rosenblum war Bremer Buchbinder. Zwischen den Fischhändlern und Handwerkern im Schnoor lebte er sein kleines Familienleben. Ein Bremer Leben zu Kaisers Zeiten: In seinem Bürgerschaftsantrag hatte der alte Rosenblum noch stolz die Wehrtüchtigkeit seines Heinrich ins Felde geführt.

Am kommenden Sonntag, führt Jeannette Jakubowski ihren Rundgang durch die „Jüdische Kultur in Bremen“ an Heinrich Rosenblums Haus vorbei. Nichts Auffälliges, ein Schnoor-Haus wie alle anderen – jüdische Kultur wurde hier, wenn überhaupt, im Verborgenen gelebt. Ein eigenes Schtetle hatte Bremen nie. Dafür hatte der hansische Senat gesorgt und jüdische Ansiedlungen weitgehend verhindert. Die Historikerin Jakubowski hat als Beweis so manche Lebensgeschichte in ihrem jüdisch-bremischen Schatzkästchen, aus dem sie auf ihrem sonntäglichen Rundgang plaudert.

Ein Leben unter strenger polizeilicher Aufsicht – denn „für jüdische Ansiedlungen hatte Bürgermeister Johan Smidt zu Anfang des 19. Jahrhunderts nichts übrig.“ So mußte Bremen also durch andere auf seinen emanzipatorischen Weg geschoben werden. Das geschah erst unter dem Regime der Franzosen; doch nach ihrem Abzug 1814 wurde die Zahl der jüdischen Großfamilien mit Bremischen Bürgerrechten schnell wieder auf drei heruntergeschrumpft. So bedurfte es 1871 der preußischen Reichsgesetze, um Juden Siedlungsfreiheit auch in Bremen zu garantieren.

In Hastedt auf dem jüdischen Friedhof ist diese Geschichte kurz und hebräisch im Grabstein von Abraham Isaak Heine zum Schicksal geronnen. Doch bis Hastedt raus führt Jeannette Jakubowski ihre Geschichtswanderer nicht. Zu Füßen von Sankt Johann, der katholischen Propsteikirche im Schnoor, beginnt der 90minütige Spaziergang, wo der theologische Laie sich über einen Davidstern hoch oben in der Backsteinfassade unterm Kreuze aufklären läßt. Vorbei geht der Weg an der einstigen Synagoge im Schnoor und endet beim Rosé mit Abraham Isaaks Namensvetter Heinrich im Ratskeller, wo sich die schlotternde Wandererschar mit Heines Bremen-Gedicht „Im Hafen“ ein letztes deutsches Wintermärchen erzählt...

...oder sich unter Wahlbremern darüber verwundert, wie schön Bremer Umarmungen sich schon auf Heinrich Rosenblums Gedenkstein an der Dekanatstraße niederschlugen: „Unsere jüdischen Mitbürger (...) wurden in der Nacht vom 9. zum 10. 11. 1938 ermordet“ findet sich auf dem kreuzförmigen (sic!) Gedenkstein zu lesen – „Fehlt da nicht ein 'von uns ermordet'“, wundert sich die diplomierte Antisemitismus-Forscherin Jakubowski über die Verdrängungsstrategien im kulturellen Gedenken der Hansestadt.

Der Stadtspaziergang „Jüdische Kultur in Bremen“ beginnt am Sonntag, den 24. 1. um 11 Uhr vor dem Eingang der Sankt-Johanni-Kirche im Schnoor. Die Führung durch Jeannette Jakubowski kann auch zu anderer Zeit wiederholt werden. Kontakt über die taz, Tel. 320320. ritz