Die Angst vor Anschlägen

Israel will seine neue Vertretung im bürgerlichen Schmargendorf bauen. Während Botschafter Avi Primor über den ambitionierten Neubau jubelt, klagen Anwohner gegen ihn  ■ Von Philipp Gessler

Der Wirt der „Roseneck-Stuben“ wittert ein Geschäft. Er steht hinter seinem Eichenholz-Tresen, blinzelt froh aus seiner bunten, eckigen Brille und freut sich, daß der Staat Israel hier in Schmargendorf, einen Steinwurf entfernt, seine neue Botschaft in Berlin bauen will: Es kämen dann neue Gäste, erklärt der „Roseneck“-Chef, und so eine Botschaft habe ja viel Personal und eher keine Kantine...

Auch Israels Botschafter Avi Primor findet die geplante Botschaft toll, vor allem wegen ihrer Eleganz und Offenheit: „Unser weltweit prächtigstes Botschaftsgebäude“ werde entstehen, jubelte er öffentlich. Die frühere Villa eines jüdischen Kommerzialrats auf dem 9.000 Quadratmeter großen Gelände werde renoviert und als Residenz ausgebaut. Daneben soll für die Verwaltung ein Neubau aus fränkischem Muschelkalk entstehen, eine Stahlkonstruktion mit Glasfassade. Durch den vierstöckigen Bau werde sich eine Wand mit hellem Stein aus Jerusalem ziehen, dem „Jerusalem marble“.

Doch so schmuck das Ensemble zu werden scheint – manche Bewohner der guten Wohngegend sind weniger begeistert. Im vergangenen Jahr gab es Widersprüche beim Bezirksamt gegen den Bau der israelischen Vertretung; vier Anwohner haben beim Verwaltungsgericht Klage eingereicht gegen die Vorstufe der Baugenehmigung, den Bauvorbescheid. Obwohl die Klagen noch anhängig sind, erteilte das Bezirksamt vor kurzem auch die Baugenehmigung – der Abbruch älterer Teilbauten auf dem Grundstück hat begonnen.

Warum sind die vier Kläger gegen Bau? Wer das erfahren will, rennt gegen Wände: Man redet nicht gern darüber, will sich nach ersten Presseberichten nicht mehr outen; die schweigsamen Kläger fürchten, sie könnten wegen ihrer Gegnerschaft zur Botschaft des jüdischen Staates in die antisemitische Ecke gestellt werden.

Ein Klagender redet dann doch. Sein Anwalt ist dabei – und, bitte, keine Namen. „Sensibel“ sei das Thema, hört man allerorten. Aber so geheimnistuerisch der Kläger, so banal seine Argumente: „Furcht“ vor Attentaten gegen die Botschaft habe er, und wer bezahle die Rente, wenn er Opfer eines Bombenanschlags wie etwa dem gegen die US-Botschaft in Nairobi vergangenes Jahr werde? Die Polizei könnte bei Nahost-Krisen die ganze Straße absperren; und werde es dann noch genug Parkplätze geben? Sei nicht zu befürchten, daß sein Telefon abgehört werde, sein Haus an Wert verliere, und dürfe er noch alle Gäste ohne Check zu Hause empfangen

Sein Hauptargument aber ist: Das Areal befinde sich nach dem Bebauungsplan in einem „allgemeinen Wohngebiet“, in dem Botschaftsbauten eigentlich nichts zu suchen haben. Das gesteht auch der zuständige Baustadtrat Alexander Straßmeir (CDU) ein. Aber er beruft sich auf Ausnahmeregeln. Erlaubt ist demnach der Bau, da er dem „Wohl der Allgemeinheit“ diene und die „nachbarlichen Belange“ gewürdigt worden seien.

Din Heiman, Sprecher der israelischen Botschaft in Bonn, betont, die Klagen richteten sich nicht gegen seine Vertretung, sondern gegen den Bezirk Wilmersdorf. Man könne nicht davon ausgehen, daß es für einen solchen Bau irgendwo eine „100prozentige Unterstützung“ gebe. Die Botschaft habe sich bemüht, so viele Ansprüche der Nachbarn wie möglich in ihrer Planung zu berücksichtigen. So soll das Sicherheitskonzept zum Schutz der Vertretung vor allem auf dem Botschaftsgelände selbst greifen: kein Stacheldraht oder hohe Mauern. Statt dessen lediglich ein gut zwei Meter hoher Zaun mit viel Sicherheitsglas, gefaßt in feinen Stahlkassetten.

Eine Alarmanlage, meint der „Roseneck“-Wirt, brauche man in diesem Karree nun nicht mehr. Und für die klagenden Anwohner, die eine Wertminderung ihres Hauses befürchten, hat eine Nachbarin eine makabre Idee, wer ihre Häuser jetzt bestimmt zu jedem Preis kaufe: Iraker zum Beispiel.