Die besten Standorte für die ehemaligen Alliierten

■ Im Jahr 2001 wird der Großteil des Diplomatischen Korps' in Berlin Quartier bezogen haben

Schon jetzt leben in Berlin Menschen aus 169 Staaten. Mit dem Regierungsumzug wird die Hauptstadt noch internationaler werden. Denn spätestens vom Jahr 2001 an wird der Großteil des Diplomatischen Korps' in der neuen Hauptstadt residieren. Derzeit umfaßt es zusammmen mit dem Personal der Botschaften 12.870 Personen. Wie viele davon nach Berlin umziehen, läßt sich nach Auskunft des Auswärtigen Amts noch nicht abschätzen. Die meisten Staaten haben sich bereits Grundstücke ausgesucht und bauen – in der Regel in den zentralen Stadtteilen Mitte, Tiergarten, Wilmersdorf oder Grunewald.

Die ehemaligen vier Besatzungsmächte Berlins beziehen mit ihren diplomatischen Vertretungen die prestigeträchtigsten Standorte. Direkt am Brandenburger Tor siedeln sich die amerikanische, die französische und die britsche Botschaft an. Mit ihren Gebäuden, die sich alle an den gleichen Orten wie vor 1945 befinden, verleihen sie dem Pariser Platz wieder sein historisches Gesicht. Die russische Botschaft liegt nur wenige Meter entfernt: Unter den Linden hatte die Sowjetunion ihre klotzige Vertretung in der DDR, so daß sich Rußland gar keine neue Liegenschaft suchen mußte.

Die USA bauen für ihre 500 Botschaftsmitarbeiter an der Südseite des Brandenburger Tors ein 230 Millionen Mark teures Gebäude. Streit gibt es allerdings zwischen den Amerikanern und dem Senat um die Sicherheitsvorkehrungen. Nach den Anschlägen auf US-Botschaften in Kenia und Tansania im August vergangenen Jahres bestand Botschafter John Kornblum darauf, zwischen dem Gebäude und den umliegenden Straßen einen Abstand von 30 Metern herzustellen. Die Straßenverlegung lehnt Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) strikt ab.

Viele Botschafter zieht es auch in den Tiergarten, schon im Kaiserreich das Diplomatenviertel. In Nachbarschaft zum Schloß Bellevue werden künftig etwa die österreichische, die ägyptische, die indische, die südafrikanische, die türkische und die Botschaft der Vereinigten Arabischen Emirate zu finden sein. Ein Stück weiter westlich siedeln sich die Botschaften der nordischen Länder an: Finnland, Schweden, Dänemark und Island haben sich bei ihrem Neubau zusammengeschlossen. Ein 900 Millionen Jahre alter und 120 Tonnen schwerer Hinkelstein wird den Garten zieren.

Besonders noble Altbauten im Tiergarten beziehen Italien und Japan. Im Dritten Reich hatte man den „Achsenmächten“ privilegierte Standorte verschafft. Die Grundstücke und die zum Teil verfallenen Bauten gehören nach wie vor den beiden Staaten. Während jedoch Italien den im Krieg schwer zerstörten Altbau nun saniert, war die Ruine der japanischen Botschaft abgerissen worden. Japanische Architekten stellen das Gebäude originalgetreu wieder her.

Für Entwicklungsländer stellt der Regierungsumzug ein gravierendes Problem dar: Viele Staaten sind nicht in der Lage, eine Vertretung in Berlin zu finanzieren. Aufgrund des einmaligen Vorgangs – welche Regierung zieht nach 40 Jahren schon um? – hat es das Auswärtige Amt jedoch allen Staaten freigestellt, ihre Botschaften in Bonn zu belassen. Sie rechneten jedoch damit, sagte eine Ministeriumssprecherin, daß in zehn Jahren fast alle diplomatischen Missionen in Berlin anzutreffen seien. Den finanzschwachen Staaten bleibt die Möglichkeit, die Kosten zu drücken, indem sie nicht ins Zentrum ziehen. Denn finanzielle Unterstützung aus Steuermitteln bekommen sie nicht. Tunesien etwa hat eine Villa in Westend in Charlottenburg erworben, Kuba im alten DDR-Botschaftsviertel Pankow. Die Botschaft von Äthiopien siedelt sich in Lichterfelde im Südwesten an. Weil Äthiopien 1905 dem Deutschen Reich ein Grundstück in Addis Abeba geschenkt hatte, bekam es jetzt vom Bund eine Villa zur Verfügung gestellt.

Andere Staaten hingegen können mit ihrer Ansiedlung sogar Finanzprobleme Berlins lösen. Im Grunewald suchte man verzweifelt einen Nutzer für ein unter Denkmalschutz stehendes Landhaus eines Fabrikanten. Der Ölstaat Kuwait wird die Immobilie sanieren und samt zweier Neubauten als Botschaft nutzen. Jutta Wagemann