„Auf der falschen Seite...“

PolitikerInnen aller Parteien kritisieren Unterschriftenkampagne der CDU gegen das neue Staatsbürgerschaftsrecht. Konstruktive Diskussion im Haus der Kulturen  ■ Von Jeannette Goddar

Es kommt nicht oft vor, daß sich die Berliner Ausländerbeauftragte Barbara John in Fragen der Integrationspolitik auf die Seite ihrer Partei schlägt. In einem Punkt allerdings war sie am Mittwoch abend voll des Lobes: Wenn man von der Unterschriftenaktion absehe, so John, habe der rot-grüne Entwurf zur doppelten Staatsbürgerschaft innerhalb der CDU geradezu „eine programmatische Revolution“ ausgelöst. „Plötzlich macht man sich Gedanken. Wollen sehen, ob die Papiere nun nicht nur gelocht und abgeheftet, sondern auch verwirklicht werden.“

Auch Eckhardt Barthel, SPD- Bundestagsabgeordneter, attestierte der Opposition, interessante Vorschläge gemacht zu haben: „Wenn man die furchterregenden Papiere der Berliner CDU kennt, traut man denen das gar nicht zu.“ Cornelia Schmalz-Jacobsen (FDP), sieben Jahre lang Bonner Ausländerbeauftragte unter einer CDU-FDP-Regierung, konnte eine gewisse „Bitterkeit nicht verhehlen. Ich hätte vieles dessen, was jetzt gefordert wird, gern umgesetzt.“ Ansonsten aber ließen die fünf Podiumsteilnehmer, die auf Einladung der taz und Radio SFB-4-MultiKulti ins Haus der Kulturen der Welt gekommen waren, kein gutes Haar an der Kampagne der CDU. Die Unterschriftensammlung öffne „Tür und Tor bis ins braune Lager“, konstatiere Cem Özdemir (Bündnis 90/Grüne); sie könne sich „leicht als Rohrkrepierer herausstellen, weil die Falschen mitmachen“, fand Schmalz-Jacobsen; die CDU befinde sich „auf der falschen Seite der Geschichte“, erklärte CDU- Mitglied Ertugrul Uzun.

Gegenstimmen waren bei der gut besuchten Veranstaltung, zu der auch viele Migranten erschienen waren, nicht zu hören: „Trotz 30 Anfragen in Bonn, München und Berlin wollte keiner der Initiatoren kommen“, erklärte Moderator Panagiotis Kouparanis.

Bei aller Einigkeit über die politische Notwendigkeit doppelter Staatsbügerschaften blieb dennoch Platz für konstruktive Selbstkritik. „Die Öffentlichkeit wurde auf die Änderung des Staatsbürgerschaftsrechts nicht genügend vorbereitet“, erklärte Barthel, während Özdemir sich mühte zu erklären, wieviel schwerer es sei, Bonner Beamte zu kreativen Kampagnen anzuregen als zur Umsetzung einer Gesetzesnovelle.

Auch John mahnte, „Punkt für Punkt die Ängste zu zerstreuen“. Die hätten vor allem mit dem spezifisch deutschen Selbstverständnis zu tun. „In England schert sich kein Mensch darum, ob jemand einen zweiten Paß hat.“ Ihr Parteigenosse Uzun wandte sich vor allem gegen die CDU-Ängste vor der Entwicklung von „Parallelgesellschaften“. Es sei jedermanns gutes Recht, sich in einer wie auch immer gearteten Subkultur zu bewegen. „Es ist ja nicht einmal so, daß meine Parteikollegen mit denen des Herrn Özdemir joggen gehen.“

Özdemir wiederum verwies auf die massiven regionalen Unterschiede innerhalb Deutschlands („Ich war kürzlich bei meiner ersten Karnevalssitzung in Köln – eine Begegnung der dritten Art“) sowie darauf, daß auch mit der Anerkennung des Doppelpasses längst nicht alle Probleme der Immigranten gelöst seien.