CDU-Kampagne spaltet die Gesellschaft

■ An diesem Wochenende beginnt bundesweit die Unterschriftensammlung gegen die doppelte Staatsbürgerschaft. Selbst unter den Anhängern der Union ist ein Drittel dagegen. Viele Organisationen kündigen für heute Proteste an

Berlin (taz/AP) – „SPD und Grüne“, wußte der Stuttgarter CDU-Ministerpräsident Erwin Teufel gestern seinen Getreuen zu berichten, „spalten unser Volk“ – und wollte damit die Pläne der rot-grünen Regierung für ein neues Staatsbürgerrecht geißeln. Zum bundesweiten Start der Unterschriftensammlung der Union gegen dieses Vorhaben sieht es allerdings eher so aus, als wirkte die Kampagne selbst als Spaltpilz, weit hinein bis in die Anhängerschaft der Union.

Nicht nur haben die bekannten Gegner der Kampagne für heute zahlreiche Proteste angekündigt, in Hessen findet ein landesweiter Aktionstag von Flüchtlingsinitiativen, DGB, Ausländerbeiräten und kirchlichen Organisationen statt. Nach einer Umfrage des ZDF-Politbarometers finden jetzt auch 31 Prozent der Unionsanhänger die Aktion „nicht gut“. In der Gesamtbevölkerung wird sie von 49 Prozent abgelehnt (45 Prozent sind dafür). Allerdings gibt es nach der ZDF-Umfrage eine deutliche Mehrheit von 63 Prozent gegen die Regierungspläne selbst (dafür: 32 Prozent).

Anders die in Deutschland lebenden Ausländer: 68 Prozent derer, die seit mindestens acht Jahren hier sind, sprechen sich nach einer Emnid-Umfrage für die doppelte Staatsbürgerschaft aus. Unter der türkischstämmigen Bevölkerung liegt die Mehrheit sogar bei 80 Prozent.

In einem öffentlichen Appell haben gestern der DGB-Chef Dieter Schulte, der Vorsitzende des Zentralrats der Juden, Ignatz Bubis, und die evangelische Bischöfin Maria Jepsen die CDU/CSU aufgefordert, ihre „fremdenfeindliche, Vorurteile verstärkende“ Kampagne zu stoppen. Die Parteien sollten einen Konsens finden, um die Einbürgerung ohne Aufgabe der bisherigen Staatsbürgerschaft möglich zu machen. Einen ähnlichen Appell startete das „Forum gegen Rassismus“, dem rund 80 Regierungsstellen und regierungsunabhängige Organisationen angehören. Das Forum hat sich die Überwindung von Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Gewalt zur Aufgabe gemacht. Zu seinen Mitgliedern gehören Vertreter von Auswärtigem Amt, Bundesinnen- und Justizministerium, DGB-Vorstand, evangelischer Kirche sowie die Fernsehsender Sat.1 und RTL. Das DGB-Vorstandsmitglied Leo Monz warnte die CDU davor, ihre Aktion in die Betriebe hineinzutragen. Die Betriebsräte würden sofort die Geschäftsleitung informieren, wenn der Betriebsfrieden gestört werde. Zum Beispiel sei bei der Post AG in Hamburg versucht worden, Unterschriften für die CDU-Aktion zu sammeln. MR Tagesthema Seiten 2 und 3

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