Eine halbherzige Ökosteuer für Italien

■ Treibstoffe teurer, Lohnkosten sinken. Keine neue Energiepolitik, sondern Geldbeschaffung

Rom (taz) – Italien hat in der vergangenen Woche eine Ökosteuer, die sogenannte carbon tax, eingeführt. Die Preiserhöhungen betreffen Benzin, Diesel, Heizöl und Methangas. Mit den erwarteten Mehreinnahmen von insgesamt 2,2 Billionen Lire (etwa 2,2 Milliarden Mark) will die Regierung in diesem Jahr eine geplante Senkung der Lohnnebenkosten um 0,8 Prozent finanzieren. Ein Teil des Geldes soll in die Schaffung von Arbeitsplätzen im Süden des Landes gesteckt werden, ein anderer in diverse Umweltprojekte zur Reduzierung des Schadstoffausstoßes.

Der Preis für Superbenzin wurde um 10 Lire (1 Pfennig) auf 1.825 Lire pro Liter angehoben, bleifreies Benzin wird um 30 Lire teurer, Diesel und Heizöl gar um 40 Lire. Auch der Preis für Methangas steigt von 723 auf 748 Lire pro Kubikmeter. Die Mehreinnahmen waren bereits im Dezember vergangenen Jahres in das Haushaltsrahmengesetz der Mitte-Links-Regierung für das Jahr 1999 einkalkuliert worden.

Proteste von seiten der Opposition und der Wirtschaftsverbände blieben auch deswegen aus, weil die carbon tax keine Wende in der Energiepolitik des Landes bringt, sondern eher eine der üblichen Geldbeschaffungsmaßnahmen der Regierung ist. Der italienische Benzinpreis gehört zu den höchsten in Europa, und bereits jetzt fließen 60 Prozent davon in die Kassen des Staates. Halbherzig ist die Ökosteuer aus mehreren Gründen: Bleifreies Benzin wird durch sie dreimal stärker besteuert als bleihaltiges Superbenzin, der gesamte Umfang der Besteuerung macht nicht einmal die Hälfte dessen aus, was die geplante Erhöhung um 6 Pfennig pro Liter in Deutschland bringen wird. Schließlich fließen 600 Milliarden Lire als Steuervergünstigungen wieder in die Kassen der Transportunternehmer zurück. Mit etwa 1,3 Billionen Lire soll die Senkung der Lohnnebenkosten gegenfinanziert werden. Diese Senkung war in einem neuen italienischen Bündnis für Arbeit beschlossen worden, zu dem sich Regierung, Gewerkschaften und Industrie noch vor Weihnachten zusammengerauft hatten. Nur 250 bis 300 Milliarden Lire gehen in Umweltprojekte zur Reduzierung des CO2- Ausstoßes. Viel zuwenig, damit Italien bis zum Jahr 2010 eine Verminderung der Kohlendioxidbelastung um 6,5 Prozent erreichen könnte, zu der sich das Land auf der Umweltkonferenz in Kioto verpflichtet hat. Umweltminister Edo Ronchi von den Grünen verspricht, daß infolge der Ökosteuer in diesem Jahr 12 Millionen Tonnen Kohlendioxid weniger in die Luft geblasen werden.

Die Regierung plant außerdem, bis zum Jahr 2005 die Energiepreise jährlich in einem ähnlichen Umfang anzuheben. Dafür sollen bis zum Jahr 2003 die Sozialversicherungsbeiträge um drei Prozent sinken sowie reinvestierte Gewinne niedriger besteuert werden. Umweltverbände kritisieren hingegen, daß dies bei weitem nicht ausreiche, um das Fernziel der CO2-Senkung 2010 zu erreichen.

Kritik an Finanzminister Vincenzo Visco kam auch von den Verbraucherverbänden. Die Familien würden die carbon tax besonders spüren, weil die Lebenskosten in Italien sowieso schon zweimal höher seien als in Deutschland und Frankreich. Dem entgegnete Visco, die Inflationsrate würde durch die Maßnahmen nur um 0,1 Prozent steigen. Insgesamt sei Benzin jetzt immer noch billiger als zu Beginn des vergangenen Jahres. Indirekt ein Eingeständnis, daß eine Ökosteuer, die ihren Namen verdient, durchaus möglich gewesen wäre. Siegfried Kollmann