Studieren wird zur Nebensache

Hamburgs Studis haben eine 46-Stunden-Woche. Doch die verbringen sie nicht an der Uni, belegt ein Bericht des Studentenwerks  ■ Von Karin Flothmann

Das Studium verliert für Hamburgs StudentInnen an Bedeutung. Längst ist es „für viele nicht mehr Mittelpunkt all ihren Seins“, erklärte gestern Manfred Klee, Geschäftsführer des Hamburger Studentenwerks. Er stützt diese Aussage auf die 15. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks, die im Sommer vergangenen Jahres durchgeführt wurde. Danach halten mehr als die Hälfte aller StudentInnen das Studium für einen Aspekt „normaler Berufstätigkeit“. Und für acht Prozent von ihnen ist „Studieren eher Nebensache“.

So auch für Vera B. „Was an der Uni passiert, bringt mich nicht weiter“, konstatiert die Germanistik-Studentin. Inzwischen macht sie ein Volontariat bei einer Hamburger Zeitung; das Studium will sie später beenden. „Da kommt es mir nur noch drauf an, eines Tages den Abschluß in der Tasche zu haben.“

B., so zeigt die Erhebung, ist die klassische Hamburger Studentin der Jahrtausendwende. Sie ist 28 Jahre alt, was dem Altersdurchschnitt der Studierenden in der Hansestadt entspricht. Sie ist ledig, hat einen festen Freund und wohnt in einer Wohngemeinschaft. Außerdem verbrachte sie ein halbes Jahr ihrer Studienzeit im Ausland. Die Globalisierung macht eben auch vor Studierenden nicht halt. Gingen 1994 noch 17 Prozent aller Hamburger StudentInnen für einige Zeit in ein anderes Land, so sind es inzwischen schon 28 Prozent. Frauen zieht es überdurchschnittlich oft in die Ferne (38 Prozent)

Im Gegensatz zur Hamburger Durchschnittsstudentin widmet Vera B. momentan einen Großteil ihrer Zeit der Berufsausbildung. Nur ein Tag pro Woche bleibt für das Studium reserviert. Im Regelfall besuchen StudentInnen jedoch 16 Stunden pro Woche Vorlesungen und Seminare an der Uni. 18 Stunden lang sitzen sie in Bibliotheken oder am eigenen Schreibtisch. Zwölf weitere Stunden benötigen sie zum Geldverdienen. Zusammengenommen ergibt das eine 46-Stunden-Woche.

Finanziell stehen viele Studierende relativ gut da: Monatlich verfügen sie durchschnittlich über Gesamteinnahmen von 1544 Mark. Doch das heißt noch lange nicht, daß Hamburgs StudentInnen in Saus und Braus leben: Jede zehnte von ihnen muß mit weniger als 1000 Mark pro Monat auskommen.

Wichtigste Finanzquelle für die meisten Studierenden ist der eigene Verdienst, oft gepaart mit einem Zuschuß der Eltern. 44 Prozent des studentischen Budgets werden durch den Job neben dem Studium erwirtschaftet. Eltern tragen zu 39 Prozent zum Unterhalt bei, das Bafög nur noch zu acht Prozent. Damit sei Bafög „als Instrument der Studienfinanzierung fast bedeutungslos geworden“, rekapituliert Wissenschaftssenatorin Krista Sager (GAL). „Studierende finanzieren sich heute de facto selber.“