■ Mit Äpfeln auf du und du
: Kleine Pomologie

Berlin (taz) – Ach, Undine, wo bist du geblieben? Wo seid ihr, Kaiser Wilhelm, Kronprinz Rudolph, Jakob Fischer? Undine stammt – wie alle ihre Verwandten – urspünglich aus Zentralasien. Die ehemalige Hauptstadt Kasachstans heißt Alma- Ata, zu deutsch: Stadt der Äpfel.

Apfelarten, die von der Bildfläche nahezu verschwunden sind, wurden in der Bio-Markt- Halle der Grünen Woche präsentiert. Kerstin Grieser vom Projekt Ökolaube der Stiftung Naturschutz hatte einige Sorten im Karton. Zum Beispiel Undine. Er ist recht groß, von gelblicher Farbe und hat ein überraschend kräftiges süß-säuerliches Aroma. Die Zaber-Goldrenette ist sehr unscheinbar, mattgrün- grau und recht klein, auch nicht so richtig delikat. Nicht weniger als 300 Sorten haben Apfelfahnder der Müncheberger Landesanstalt für Obstbau allein in fünf brandenburgischen Landkreisen ermittelt. Gerade mal sieben oder acht Sorten kann man im Supermarkt kaufen.

Die Gründe für das Verschwinden vieler Apfelsorten sind vielfältig. Wenn sie weder schön aussehen noch besonders gut schmecken, wie im Fall der Zaber-Goldrenette, liegt es auf der Hand, daß niemand sie kultiviert und plantagenmäßig anbaut. Der einstige König der Äpfel jedoch, der Gravensteiner, verschwand vom Markt, weil er druckempfindlich ist und die heute üblichen langen Transportwege kaum übersteht. Andere Apfelsorten wie die hübsche Ananas-Renette – gelb mit schwarzen Punkten, sehr wohlschmeckend – sind schlicht zu klein für die EU-Handelsklassenverordnung für Äpfel, die besagt, daß ein Apfel einen Durchmesser von mindestens 55 Millimetern aufweisen muß, um als Apfel bezeichnet zu werden. Die meisten Apfelsorten aber sind zum Schattendasein verurteilt, weil sie an Bäumen wachsen, die so hoch werden, daß man sie mit Leitern oder per Klettertour ernten muß. Aber das ist schlicht zuviel Aufwand im harten Obst-Business.

So leben Undine & Co. unbehelligt auf brandenburgischen Streuobstwiesen. Einsam, aber in ökologisch wertvoller Landschaft. Eberhard Schäfer

Alte Apfelsorten werden auf der Grünen Woche nochmals am kommenden Freitag um 11.30 Uhr in der Bio-Markt-Halle (5.2) vorgestellt