Rosh verläßt Museumsstiftung

■ Lea Rosh, Initiatorin für ein Holocaust-Mahnmal, zieht sich aus einer Stiftung zurück, die für ein Holocaust-Museum streitet

Berlin (taz) – Die Initiatorin eines Mahnmals für die ermordeten Juden Europas, die Publizistin Lea Rosh, hat den Vorstand der Stiftung Holocaust-Museum verlassen. Der Stiftungsvorsitzende Hans-Jürgen Häßler begründete ihren Entschluß gestern mit unterschiedlichen Auffassungen in der Debatte um das Holocaust-Mahnmal. Der Vorstand teile nicht die Ansicht von Frau Rosh, auf dem Gelände im Zentrum Berlins sollte allein ein Mahnmal ohne dazugehöriges oder angrenzendes Museum errichtet werden. Rosh, die gestern auf dem Weg nach München war, konnte bis Redaktionsschluß nicht für eine Stellungnahme erreicht werden.

Ausdrücklich begrüßten die Vorstandsmitglieder der Stiftung, die sich seit fünfeinhalb Jahren für ein eigenes Holocaust-Museum in Deutschland einsetzen, den Plan des neuen Kulturministers Michael Naumann, neben dem Mahnmal auch ein „Haus des Erinnerns“ zu errichten. Entsprechende Pläne, die ein Mahnmal aus Stelen, eine durchsichtige Bücherwand und ober- sowie unterirdische Museumsanlagen vorsehen, hatte der US-amerikanische Architekt Peter Eisenman jüngst vorgestellt.

Als Träger eines kombinierten Museums mit Mahnmal wünscht sich der Stiftungsvorstand eine selbständige Einrichtung. Dies sei gerade im Land der Täter für ein Holocaust-Museum angebracht. Aus diesem Grund wird auch eine von Naumann vorgeschlagene Anbindung an das Jüdische Museum abgelehnt. Mit Naumann, der am 11. Januar mit Häßler zusammengetroffen war, gebe es über diese und andere Details noch „Klärungs- und Diskussionsbedarf“, so Häßler. Dies betrifft auch das Ausstellungskonzept.

Eine Konzentration auf die jüdischen Opfer – wie etwa im Washingtoner Holocaust-Museum oder in Yad Vashem – lehnte der Freiburger Militärhistoriker Manfred Messerschmidt ab. Es gehe darum, alle Opfergruppen, darunter auch Sinti und Roma, Russen sowie Südosteuropäer, zu berücksichtigen. Insbesondere plädierte das Vorstandsmitglied Messerschmidt dafür, die Vorgeschichte der NS-Herrschaft, ihre ideologischen Muster und die Täterschaft der deutschen Eliten in einem Museum darzustellen. Der Antisemitismus sei nur ein Teil der Feindstereotypen gewesen. Messerschmidt erinnerte daran, daß der Sozialismus, später der Bolschewismus ein fester Bestandteil rechter Feindbilder gewesen sei und in die Vernichtungs- und Ordnungspläne der Nazis einfloß.

Dem Gedenken an alle Opfergruppen und einer Täterschau schloß sich auch der Schriftsteller Stefan Heym an: „Man kann nicht von den Opfern reden, ohne die Täter zu zeigen.“ Eine solche Ausstellung müsse aber mit Bedacht erarbeitet werden. Heym warnte vor einer Kultstätte, zu der manche gingen, „um mal wieder schöne Nazis zu sehen“. Severin Weiland