Grateful when you're dead

■ Die vier Indienfans Kula Shaker machen schlechte Witze über Freaks und gewendeten Kulturimperialismus zum Mitsingen

Darf man „Brit-Pop“ schon totsagen? Ist das Phantom der mittleren 90er nicht wenigstens schon komatös? Zumindest letztere Diagnose scheint nicht verwegen, schweift der Blick ins zurückliegende Jahr zurück: Pulp schlecht verkauft, Blur zuletzt mit sich, der Welt und der Musik hadernd, The Verve entnervt vor der Auflösung und Oasis weiterhin Oasis. Und nirgends ein „Wonderwall“ in Sicht.

In dieses Vakuum hinein dürfen jetzt ausgerechnet Kula Shaker die erste Insel-Pop-Duftmarke des neuen Jahres setzen. Sie erinnern sich doch noch? Das waren die vier Indien-Freaks, die zu Protokoll gaben, die Armut da unten sei einfach besser zu ertragen, weil den Leuten das spirituelle Lichtlein heimleuchtet. Erst eins, dann zwei, dann drei, dann vier. Dann steht – die Zähne bleckend – auch schon George Harrison vor der Tür, dessen „Hare Krishna Mantra“ sie zum UK-Hit „Govinda“ umdeuteten. Ein anderer hieß „Grateful When You're Dead“. Hahaha. Das hatten auch die Freaks aus Frisco nicht verdient.

K, das 95er-No.1-Albumdebüt von Kula Shaker, manifestierte so nicht zuletzt den gewendeten Kulturimperialismus verwöhnter Bohémien-Schnösel, die sich nicht fragen müssen, wer die Miete zahlt. Sänger, Texter, Gitarrist Crispian Mills entstammt immerhin einer ebenso angesehenen wie stinkreichen Schauspielerfamilie, die den renommierten Shakes-peare-Darsteller Sir John Mills hervorbrachte. Was die Plattenfirma nicht davon abhält, in der PR-Bio zum neuen Album Peasants, Pigs And Astronauts rückblickend noch einmal vom Existenzkampf aufstrebender Acid-Heads zu faseln.

Inspiriert offenbar von einer sorgsam dokumentierten Sonnenfinsternis aus dem Jahre 1927 wenden Kula Shaker jetzt besorgt den Blick zum Himmel und entdecken eine „Mystical Machine Gun“, das aus allen Rohren fette Apokalypse-Splitter feuert. Zum Mitsingen natürlich. Was im bedeutungsschweren Jahre 1999 ja nur total originell genannt werden kann. Mensch, Weltende! Aber: Stell' Dir vor, es ist Weltende – und keiner geht hin! Wer dennoch den Weg ins Logo findet, weil die Show der vier Tiefsinnigen ja recht amüsant sein soll, muß dennoch kein Selbstverteidigungsgerät einpacken. „Don't panic, people!“ It's only Kula Shaker. Jörg Feyer

Mi, 27. Januar, 21 Uhr, Logo